19.09.2025
Antonio Scurati: Der Faschismus ist zurück

Mit Giorgia Meloni, am 15. Januar 1977 in Rom geboren, ist seit Oktober 2022 die neue italienische Ministerpräsidentin mit ihrer als postfaschistisch klassifizierte Partei Fratelli d’Italia - übersetzt „Brüder Italiens“ – ist der Faschismus in Italien zurück. Ihre Geschichte, sie wuchs mit ihrer älteren Schwester Ariana bei ihrer Mutter Anna Paratore im römischen Viertel Garbatella auf. Der Vater, Francesco Meloni, ein aus Sardinien stammender Steuerberater, verließ Frau und Kinder als Meloni ein Jahr alt war. Später, in einem Interview bezeichnete sie den Vater als einen überzeugten Kommunisten. Die aus Sizilien stammende Mutter war politisch mit dem neofaschistischen „Movimento Sociale Italiano“ (MSI) und der Nachfolgepartei „Alleanza Nazionale“ verbunden.

Meloni selbst ist römisch-katholisch, wurde 1996 an die Spitze der „Azione Studentesca“ der Partei Alleanza Nazionale gewählt, 1998 bis 2002 für ihre Partei im Provinzrat in Rom. Bei den Parlamentswahlen 2006 wurde sie in die Abgeordnetenkammer gewählt. Zusammen mit Ignazio La Russa und Guido Crosetto gründete Meloni 2012 die Partei „Brüder Italiens“. Damit gelang ihr ab Oktober 2022 der Aufstieg in die Regierungsverantwortung Italiens und ist damit gleichzeitig die erste Frau an der Spitze einer Regierung in Italien. Auch wenn sich Meloni in ihrer Regierungsansprache vom Faschismus und den italienischen Rassegesetzen von 1938 distanzierte, schwingt doch Benito Mussolini im Hintergrund mit. Die Positionen der Ministerpräsidenten Georgia Melonis werden von Beobachtern rechtsextrem eingestuft. Zum Skandal wurde die Ausladung des Schriftstellers Antonio Scurati, der seit Jahren über den italienischen Faschismus mit allen seinen Facetten seit Jahren schreibt. Er sollte aus Anlass des Tages der Befreiung Italiens am 25. April 2024 im staatlichen Fernsehen Rai sprechen, wurde von der italienischen Ministerpräsidentin ausgeladen. Das führte zu einem Medienskandal, Giorgia Meloni wird Zensur und Verletzung der Pressefreiheit vorgeworfen.

In Italien wurde bis dato die Geschichte von Benito Mussolini und seiner Herrschaft, das Zusammenspiel von König und Kapital nie aufgearbeitet, es beginnt er jetzt mit Antonio Scurati.

Der Schriftsteller Antonio Scurati, 1969 in Neapel geboren, lehrt an der Universität Mailand und koordiniert das Forschungszentrum für Kriegs- und Gewaltsprachen. Seine Romane sind in viele Sprachen übersetzt, wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, so mit dem Premio Mondello und den Premio Campiello. Sein Roman «M. Der Sohn des Jahrhunderts», der erste Band in der auf fünf Bände angelegten Romanreihe über Benito Mussolini, wurde mit dem wichtigsten Literaturpreis Italiens, den Premio Strega ausgezeichnet. Dieser Preis wird nur einmal jährlich an einem in Italien erschienenes Buch vergeben.

In seinem Buch «Faschismus und Populismus» 2023 veröffentlicht schreibt, Antonio Scurati: «Einmal von den unheilvollen Illusionen, wonach Demokratie ewig ist, müssen wir uns die Geschichte der Demokratie wieder aneignen, wieder ein aktiver Teil von ihr werden. Denn die Geschichte der Demokratie war immer auch ein Kampf um deren Bestand, ein täglicher, endloser und unermüdlicher. Anders gesagt, müssen wir das Erbe des Antifaschismus unserer Eltern und Großeltern antreten. Ein Erbe wie dieses fällt nicht vom Himmel.»
Bisher sind die ersten vier Bände erschienen: «M. Der Sohn des Jahrhunderts», «M. Der Mann der Vorsehung», «M. Die letzten Tage von Europa» und «M. Das Buch des Kriegs». Im nächsten Jahr liegt auch der Band «Der Ende und der Anfang» in deutscher Übersetzung vor.

Die fünf Bände sind ein Monumentalwerk über Benito Mussolini, den Faschismus, die katholische Kirche, dem Kapital gemeinsam mit der italienischen Monarchie, die mit einem Referendum am 2. Juni 1946 abgeschafft und die Italienische Republik ausgerufen wurde. Ein Jahr später alle Ansprüche auf Istrien und die ehemaligen Kolonien aufgegeben. Rechtlich wurde 1948 der italienische Adel abgeschafft und das Haus Savoyen, die die Könige stellten, des Landes verwiesen.

Da heute mit der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wieder Mussolini-Nostalgiker in Italien regieren, ist Antonio Scurati zur wichtigsten demokratischen und antifaschistischen Stimme in Italien geworden. Er ist nicht nur der Kritiker von Meloni und ihres rechten Anhangs, sondern klärt mit seinen fünf Bänden auf, wie es gelaufen ist mit Mussolini und seinen Schwarzhemden zur Macht im Königreich Italien. Erzählt wird in den fünfbändigen Romanen des Duces – so ein Nickname für Mussolini – sein gesamtes Leben, auch seine Absetzung durch den Großen Faschistischen Rat am 24. Juli 1943 und seine Verhaftung einen Tag später und die Rückgabe der Macht an den König Victor Emanuel III… Der Sturz war eine Folge der Landung der Alliierten Truppen – Amerikaner und Engländer – am 10. Juli 1943 in Sizilien, dass das Ende der faschistischen Herrschaft einleitete. Nach seiner Absetzung wurde Mussolini vom König verhaftet und auf dem Gran Sasso in den Abruzzen interniert.

Der König Viktor Emanuel III. übernahm wieder den Oberbefehl der Streitkräfte, beauftrage Marschall Pietro Badoglio mit der Bildung einer neuen Regierung, sofort wurde die Partito Nazionale Fascista (PFN) und alle ihrer Gliederungen aufgelöst. Am 13. Oktober erklärte Italien dem Deutschen Reich den Krieg darauf besetzte die deutsche Wehrmacht gemeinsam und der SS Italien.

Bereits am 12. September 1943 befreite ein deutsches Fallschirmjäger-Kommando unter SS-Hauptsturmführer Otto Skorzeny den abgesetzten Mussolini. Unter der militärischen Protektion des Deutschen Reiches – somit Adolf Hitler – wurde die italienische Sozialrepublik «Repubblica di Salò» errichtet, ein faschistischer Marionettenstaat des Deutschen Reiches. Mussolini gründete eine neue Partei die «Partito Fascista Repubblicano» (Republikanische Faschistische Partei). Der De-facto-Staat bestand zuerst am Gardasee, dann ab 1944 in Mailand hörte am 2. Mai 1945 zu existieren auf, als die am 29. April 1945 unterzeichnete Kapitulation der deutschen und republikanisch-italienischen Streitkräfte wirksam wurden.

Der Versuch Benito Mussolinis, in deutscher Uniform zu fliehen, endet am 28. April 1945 am Comer See. Zusammen mit seiner Geliebten Clara Petacci wird der faschistische Diktator in Giulino di Mezzegra erschossen.
khw


Der Faschismus ist zurück
Diese Bände sind bisher erschienen im Verlag Klett Cotta Stuttgart:
Der Sohn des Jahrhunderts
Der Mann der Vorsehung
Die letzten Tage von Europa
Das Buch des Krieges
Das Ende des Anfang
erscheint in Deutsch 2026