30.08.2025
Wolfgang Niess: Schicksalsjahr 1925 – Als Hindenburg Präsident wurde

Nach dem Tod des ersten Präsidenten der Weimarer Republik des Sozialdemokraten Friedrich Ebert, er starb am 28. Februar 1925 in Berlin, kommt es zur Neuwahl des Präsidenten der Weimarer Republik. Auch Ebert war durch den Tod des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands August Bebel, er starb am 13. August 1913 in Passung, im Kanton Graubünden in der Schweiz zum Vorsitz in der SPD gekommen. Das angesichts eines drohenden Krieges in Europa in der zerstrittenen deutschen Arbeiterpartei.

Ebert vertrat bereits vor seiner Wahl und über den Ersten Weltkrieg bis zum Schluss eine Politik der «Vaterlandsverteidigung», damit eine Burgfriedenspolitik. In der Weimarer Nationalversammlung vom 11. Februar 1919 wurde Friedrich Ebert mit 277 von 379 abgegebenen Stimmen zum ersten Reichspräsidenten der neuen Deutschen Republik gewählt. In den folgenden Jahren bis 1923 ließ der Sozialdemokrat revolutionäre Aufstände von Sozialisten mit Waffengewalt blutig niederschlagen. Mit ihm gab es keinen Interessenausgleich, somit auch keine Zäsur noch Veränderung. Da der erste Reichspräsident Ebert überraschend am 28. Februar 1925 starb, fand bereits der erste Wahlgang am 29. März 1925 statt. Für die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) kandierte Ernst Thälmann, er war stellvertretender Vorsitzender der KPD und Vorsitzender des mächtigen und Mitgliederstarken Roten Frontkämpferbundes, dem proletarische Arm der Kommunisten. Die SPD fand in Otto Braun ihren Kandidaten für das Amt des Reichspräsidenten. Die Suche bei den Feinden der Demokratie den richtigen Kandidaten für ihren Wahlblock zu finden war schwierig.

Eine Lösung kam nach tagelangem Suchen mit dem Weltkrieg I. Helden Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg, so sein kompletter Name. Dieser Mann übte im Ersten Weltkrieg als Generalfeldmarschall mit der von ihm geführten Obersten Heeresleitung de facto die Regierungsgewalt in dem noch nicht von Revolutionären bedrohten preußischen Kaiserreich aus. Auf diesen Mann, Hindenburg, konnte sich die Rechten einigen. Im ersten Wahlgang am 29. März 1925 bekam keiner der Kandidaten die für die Wahl als Reichspräsident die notwendige Mehrheit. Im entscheidenden zweiten Wahlgang am 26. April 1925 standen sich für den Republikanischen Block Wilhelm Marx, für die Antirepublikaner der vom Alter bereits uralte Militär Paul von Hindenburg auch nicht mehr zackig als Kandidat bereit. Für die Kommunisten kandidierte weiter Ernst Thälmann. Der Sieger der Präsidentenwahl ist der Sieger von Tannenberg und nun der neue Reichspräsident ein 78-Jähriger ostpreußischer, der adelige Hindenburg. Geboren am 2. Oktober 1847 in Posen als Sohn eines preußischen Offiziers wird auch er Offizier. Dazu besucht er ein evangelisches Gymnasium in Posen, dann die Kadettenanstalt in Wahlstaat in Schlesien und bekommt den letzten Schliff in der Hauptkadettenanstalt in Berlin. Hindenburg ist Teilnehmer der Kriege gegen Böhmen, an der Schlacht von Königgrätz und dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, nimmt teil an der Kaiserproklamation am 18. Januar 1871im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles. Hindenburg steigt langsam im preußischen Militär nach dem Besuch der Kriegsakademie auf und wird dann im Ersten Weltkrieg Generalfeldmarschall. Hindenburgs Mythos Rolle im Ersten Weltkrieg beruht weder auf den Sieg von Tannenberg noch auf seinen militärischen Leistungen. Nach der militärischen Niederlage 1918 riet er dem Kaiser Wilhelm II. aus seinem Hauptquartier im belgischen Spa, nicht nach Deutschland zurückzukehren, sondern sich ins politische Asyl in die Niederlande, in Dorn, zu gehen. Sein beweglicher Besitz erreicht sein Exil mit zahlreichen Güterzügen. Es war Reichspräsident Friedrich Ebert, der nach dem Abschluss der Versailler Verträge im Juni 1919 auf dessen Wunsch ihm den Abschied gewährte.

Seine Wahl zum Reichspräsidenten wurde in Großbritannien ruhig aufgenommen. Die Times schrieb, die Wähler hätten den alten Soldaten als typischen und besten Repräsentanten der Nation gewählt. Seine Amtsführung zur Weltwirtschaftskrise ist gespalten, zu einem wird betont seine Haltung zur Reichsverfassung, zum anderen seine Haltung zu konservativen Politikern. Kritik gegen Hindenburg kommt von antisemitischen Bürgern die kritisieren, dass sich Hindenburg für ein Staatsportrait „vom Juden Liebermann“ malen lässt.

Groß wird die Kritik an Hindenburg nach seiner Wiederwahl, die er erst am 10. April 1932 mit der nötigen Mehrheit für die nächsten sieben Jahre bekommt. Die Reichstagswahl vom November 1932 brachte keine Regierungsbildung ohne die NSDAP. Am 2. Dezember ernannte Hindenburg Kurt von Schleicher zum Reichskanzler. Der versuchte noch Teile der NSDAP, um Gregor Strasser von Hitler weg in ein anderes Format zu bringen, was nicht gelang.

Nachdem sich Hitler, Papen und Hugenberg inzwischen auf einen Reichskanzler Hitler, Papen als Vizekanzler und einem Kabinett aus nur zwei NSDAP-Ministern geeinigt hatten, berief Hindenburg am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler. Damit begann die Machtergreifung mit Fackelzug in Berlin. Zwei Tage später, löst Hindenburg den Reichstag auf, damit die neue Regierung, die keine Mehrheit hat, nicht abgewählt werden kann. Unmittelbar nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 wird die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz für Volk und Staat“ erlassen. Damit werden die Grundrechte aufgehoben, die Folge Massenverhaftung von Anhängern der KPD, SPD, Gewerkschaftern und Liberalen. Der neue Reichstag wird am 21. März 1933 – dem sogenannten Tag von Potsdam – in der Potsdamer Garnisonskirche am Grab von Friedrich dem Großen eröffnet.

Nun ist der Hort von Hitler-Geschichte die Potsdamer Garnisonskirche von den Bombentreffen oder dem Beschuss der Roten Armee wieder erneuert und eröffnet worden, gerade so als wenn dieses Land keine Nazidiktatur erlebt hat. Wenn auch eine Kirche – hier wurde Kriege gesegnet, auch Barbarossa – der Angriffskrieg auf die Sowjetunion am 21. Juni 1941.
Ein lesenswertes Buch für alle, die Geschichte interessant finden.
khw


Wolfgang Niess: SCHICKSALSJAHR 1925
Als Hindenburg Präsident wurde

Verlag C.H. Beck, München 2025
304 Seiten – einige Fotos – 28,00 EUR