13.09.2024
ELSA MORANTE: La Storia – Roman

Die Schriftstellerin, geb. am 18. August 1912 in Rom, verstorben ebenda am 25. November 1985, zählt zu den wichtigsten Vertreterinnen der Nachkriegsliteratur. Als zweites von fünf Kindern wurde sie im römischen proletarischen Stadtteil Testaccio geboren, 1922 zog die Familie in den Stadtteil Monteverde Nuovo, hier besuchte sie das Virgilio-Gymnasium. Kurz nach ihrem Abitur verließ sie mit 18 Jahren das Elternhaus, wohnte in den folgenden Jahren in möblierten Zimmern in der Stadt. Aus Geldmangel beendete sie ihr Literaturstudium, veröffentlichte Gedichte und Erzählungen in Zeitschriften und gab Nachhilfeunterricht. Den Schriftsteller Alberto Moravia lernte sie 1936 kennen, das Paar heiratete am 14. April 1941 in Rom. Wie ihr Ehemann hatte auch Elsa Morante einen jüdischen Elternteil: Ihre Mutter, die aus der Nähe von Modena stammt, war Jüdin. Mit ihrem Mann, der antifaschistischer Aktivitäten beschuldigt wurde, floh sie im Herbst 1943 nach Fondi, kehrte im Sommer 1944 nach Rom zurück. Nach dem Kriegsende unternahmen sie Reisen nach Spanien, in die UdSSR, nach China und in die USA. Das Paar trennte sich 1962. Elsa Morante erlitt 1980 infolge eines Oberschenkelhalsbruchs, von dem sie sich nicht wieder erholte. Sie starb 1985 an einem Herzinfarkt.

Der Roman „La Storia“ zeichnet den Schatten von Benito Mussolinis von 1922 bis zu seiner Entmachtung im Juli 1943 nach. Kein anderes literarisches Werk der italienischen Literatur des 20. Jahrhundert sorgte wie Elsa Morantes „La Storia“ für Aufruhr. Der Roman galt unter linken Kritikern als nicht gefestigt, es fehlt ein klarer marxistisch-leninistischer Standpunkt. Anders die linke Tageszeitung „Il Manifesto“, sie forderte vom Verleger eine bezahlbare Taschenbuchausgabe.

Der Roman schildert die italienische Geschichte der Jahre 1941 bis 1947. Mit dem „Stahlpakt“ zwischen dem Deutschen Reich und Italien waren die Schwarzhemden und die Braunhemden enge Verbündete. Auch die brillante Neuübersetzung des 1957 erschienene Roman „La Storia“ ist der italienische Faschismus das zentrale Thema. Die Lehrerin Ida Ramundo muss sich mit ihren beiden Kindern durch das vom Faschismus und Krieg bedrohte Rom durchschlagen.

In der Stadt herrscht Armut, Rassenwahn mit Deportation. Die verwitwete Lehrerin wird von einem jungen deutschen Soldaten vergewaltigt und bringt einen Jungen zur Welt. Das kleinwüchsige Kind „Guiseppe“ stirbt nach 5 fünf Jahren an seinem epileptischen Anfall, der großer Bruder Nino kommt zwei Jahre danach bei einem Motorradunfall ums Leben. Das Buch war mit über 600 000 verkauften Exemplaren das meistverkaufte Buch der italienischen Nachkriegsliteratur, trotzdem verurteilten es damals Kritiker, weil es nicht dem linken klassenkämpferischen Zeitgeist entsprach. Sehr lesenswert.
khw


Elsa Morante: La Storia – Roman
Aus dem italienischen von Maja Pflug
und Klaudia Ruschkowski

Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2024
761 Seiten – 38,00 EUR