13.09.2024
Hartmut Berghoff / Manfred Grieger:
Die Geschichte des Hauses Bahlsen – Keks – Krieg – Konsum 1911–1974

Der Autor Hartmut Berghoff, am 22. März 1960 in Herford geboren, studierte Geschichtswissenschaft, Germanistik und Anglistik, ist seit 2001 Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Georg-August-Universität in Göttingen.

Der Autor Manfred Grieger, 1960 geboren, studierte an der Ruhr-Universität Geschichte, Publizistik und Kommunikationswissenschaften, erforschte die Dresdner Bank, wechselte zu VW, wo er von 1998 bis 2016 die Abteilung Historische Kommunikation leitete. Heute, seit 2018 zum Professor ernannt, tätig an der Georg-August-Universität in Göttingen.

Das Buch „Die Geschichte des Hauses Bahlsen“ bietet einen der seltenen Einblicke in die Geschichte eines Traditionsunternehmens, hier Bahlsen in Hannover. Es ist auch ein direkter Einblick in das Verhalten des Mittelstandes zur Politik und Gesellschaft. Der Firmengründer Hermann Bahlsen steht auch für das Genussmittel „Keks“, diese Wortschöpfung vom englischen Wort »Cakes« abgeleitet schaffte es sogar 1911, in den Duden aufgenommen zu werden. Bis heute ist das Traditionsunternehmen Bahlsen mit seiner bekanntesten Marke für Lebensmittel in der Stadt an der Leine tätig.

Es ist das erste Mal, dass die Autoren Hartmut Berghoff und Manfred Grieger für ihre Arbeit das bisher verschlossene und somit nicht zugängliche Firmenarchiv auswerten. Es zeigt, wie sich Bahlsen im Ersten Weltkrieg verhielt. Bereits sechs Wochen nach dem Kriegseintritt des deutschen Kaiserreichs schickte Bahlsen den Soldaten mit Feldpostbriefen seine Kekse an die Front. Das war Patriotismus der nicht nütze, Kaiser Wilhelm II flüchte mit Ausrufung der Republik im November 1918 mit zwei vollgestopften Eisenhahnzügen in die Niederlande.

Mit der Einführung des Acht-Stunden-Tages gab es bei Bahlsen nicht mehr einen individuellen Lohn, sondern Tarifverträge nach dem die Arbeiterinnen und Arbeiter bezahlt wurden. Am 6. November 1919 starb Hermann Bahlsen. Das Testament übertrug zwar zu gleichen Teilen, setzte aber bis zum 30. Lebensjahr der Erben einen Testamentsvollstrecker ein. Mit vielen Irrungen und Wirrungen wurde dem Tod von Bahlsen, die kommenden Krisen wie die Inflation von 1919 bis 1929 umschifft.

Wie der Nationalsozialismus bei Bahlsen ab 1930 einzog, auch wie die Keksfabrik ins NS-System eingebunden wurde, kann der Leser jetzt nachvollziehen. Mit dem Krieg 1939 beginnt auch die Produktumstellung, die Wehrmacht wird Abnehmer bei Bahlsen. Ab 1940 arbeiten für Bahlsen auch Zwangsarbeiter, Frauen wie Männer, sie kommen aus Polen, den Niederlanden, ukrainische Zivilarbeiterinnen, französische Kriegsgefangene, später kommen sowjetische Kriegsgefangene hinzu. Auch Bahlsen beteiligt sich ab 1942 an der ökonomischen Besatzungspolitik in der Ukraine.

Den Zweiten Weltkrieg überlebt Bahlsen mit schwer beschädigten Werksanlagen, die Produktion läuft langsam wieder an.

Mit ihrem Buch „Die Geschichte des Haus Bahlsen“ vermitteln die Autoren Einblicke in die Wirtschafts- und Politikgeschichte und die Sozial- und Konsumgeschichte vom späten Kaiserreichs bis heute. Das war nur möglich da die Autoren, Hartmut Berghoff und Manfred Grieger, das Firmenarchiv benutzen konnten. Lesenswert.
khw


Hartmut Berghoff / Manfred Grieger:
Die Geschichte des Hauses Bahlsen
Keks – Krieg – Konsum 1911–1974

Wallstein Verlag, Göttingen 2024
602 Seiten – zahlreiche Fotos – 29,00 EUR