03.05.2024
Michael Grüttner: „Talar und Hakenkreuz“ – Die Universitäten im Dritten Reich

Der Historiker Michael Grüttner, am 10. Februar 1953 in Baden-Baden geboren, Abitur am Hamburger Johanneum, studierte ab 1972 Geschichte, Philosophie und Soziologie an der Universität in Hamburg. Am Historischen Seminar bei Klaus Saul in Hamburg wurde er 1983 zum Dr. phil. Promoviert, ging an die Technische Universität in Berlin, wurde Wissenschaftler Mitarbeiter bei Reinhard Rürup und dann Hochschulassistent. An der Technischen Hochschule habilitierte er sich an der Technischen Universität Berlin. Von 1998 bis 2002 lehrte er als Professor an der University of California in Berkeley, seit 2003 außerplanmäßiger Professor für Neuere Geschichte an der Technischen Universität Berlin. Grüttner ist ein Experte für die Wissenschafts- und Universitätspolitik in den Jahren der NS-Diktatur.

Zum Ende der Weimarer Republik gab es 23 Universitäten, die sofort nach Machtübernahme der Nazis einer massiven „Säuberung“ ausgesetzt sind, traten Professoren der NSDAP, SA und SS bei, brachten sich wie Carl Schmitt und Martin Heidegger als Vordenker der NS-Ideologie ein. Trotzdem werden Schmitt und Heidegger heute ohne Kritik gesehen.

Nicht eilig war es, die Geschichte der Universitäten in der NS-Zeit aufzuarbeiten. Ein ehrgeiziger Anlauf startet der Historiker Helmut Heiber, Mitarbeiter des Münchener Instituts für Zeitgeschichte in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die fünfteilige Geschichte der „Universität unterm Hakenkreuz“ angekündigt, wurde nach dem Erscheinen der ersten zwei Teile bereits eingestellt. Dabei hatte Heiber umfangreiche Kenntnisse, blieb ein Fragment, wegen seines umfangreichen Materials für die Forschung unverzichtbar.

Mit seinem Sachbuch „Talar und Hakenkreuz“ arbeitet der Berliner Historiker Michael Grüttner das Thema wissenschaftlich und sorgfältig analysiert auf. Im Blick der NS- Ideologie standen vor allem jüdische und politisch unzuverlässige Professoren, die entlassen wurden. Die Universitäten in Deutschland büßten so etwa rund zwanzig Prozent der Lehrenden ein.

Einen Protest gegen den Rauswurf der Kollegen Dozenten aus den Hochschulen gab es nur in wenigen Fällen. Besonders die älteren Dozenten schwiegen, da man sich einen Aufstieg in der Hierarchie der Hochschule versprach.

Für seine Arbeit hat Grüttner autobiografische Quellen wie Tagebücher und Briefe ausgewertet. Hier gaben die Professoren ihre Meinung zur politischen Entwicklung preis. Daraus konnte nicht beurteilt werden, in welchem Umfang das NS-System unterstützt wurde.

Veränderungen gab es bei Lehrstühlen, die ideologisch für die Nazis interessant waren wie die Agrarwissenschaft, Volkskunde und Eugenik. Bei der Technik und der Naturwissenschaft war die Forderung vor allem bei der Entwicklung neuer Waffen.

Ein beeindruckendes, wissenschaftlich fundiertes Sachbuch hat Michael Grüttner geschrieben, das zeigt, wie die Nationalsozialisten in den Jahren von 1933 bis zum 8.Mai 1945 die Universitäten in ihren Sinne veränderten.
khw


Michael Grüttner: „Talar und Hakenkreuz“
Die Universitäten im Dritten Reich

C. H. Beck Verlag, München 2024
704 Seiten – 44,00 EUR