02.05.2023
MADAME D'ORA – TAGEBÜCHER AUS DEM EXIL – Herausgeben von Eva Geber

Madame D'Ora, mit bürgerlichen Namen Dora Kallmus, war eine große Fotografin mit Ateliers in Wien und später in Paris. In Wien fotografierte sie Persönlichkeiten von Gustav Klimt bis zum österreichisch-ungarischen Kaiserhaus. Auch als Modefotografin ist tätig. Das Atelier übergibt sie 1922 an Arthur Benda, zieht nach Paris, eröffnet in der Stadt ein neues Studio. Jetzt fotografierte sie vor allem Künstler, von Josephine Baker bis Pablo Picasso. Nach der Okkupationen Frankreichs durch die Hitler Armee 1940 floh sie 1940 in den unbesetzten Süden. Sie lebte mehrere Jahre in einem Bergdorf in der Ardèche, führte Tagebuch und schreibt Essays. Nach Kriegsende plante Dora Kallmus ihre Aufzeichnungen in einem Buch zu veröffentlichen, fand aber keinen Verlag, der dazu bereit war.

Die Kulturpublizistin Eva Gerber hat den Nachlass von Dora Kallmus umfassend aufgearbeitet, mit einem Essay versehen und Zeit- und Polizeidokumenten angefügt. Sie schreibt: «D’Doras Ateliers – in Wien und später in Paris – sind von unprätentiöser Eleganz, sie empfängt ihre Kunden wie Gäste, und ihre charmante und humorvolle Beredsamkeit erreicht, dass sich die Modelle entspannen. Sie erkennt den Moment, wo sie das Besondere, das Charakteristische und das Schöne auf das Foto bannen kann.

Geschickt schließt sie Verträge mit Illustrierten, die Fotostrecken mit ihren Bildern gestalten und auch gerne einen ihrer Essays abdrucken. Sie präsentiert ihre Arbeit in Ausstellungen und erreicht internationale Bekanntheit. D’Ora wird die Fotografin der Wiener Prominenz, des Hochadels bis zum Kaiserhaus. Tina Blau, Arthur Schnitzler und Anna Pavlova wollen von ihr fotografiert werden. In den Sommermonaten folgt sie ihrer Klientel in den Nobelkurort Karlsbad und schließlich, angezogen von französischem Esprit und kosmopolitischer Atmosphäre, geht sie 1922 nach Paris. 1925 eröffnet sie das Atelier „d’Ora Paris“, ist Fotografin der Haute Couture, der Welt des Geldes, des Geistes und der Bühnenstars, darunter die Tänzerin La Argentina und Maurice Chevalier. 1928 findet der Premier Salon Independant de la Photographie statt, an dem sie unter anderem mit Man Ray und Andre Kertesz teilnimmt.»

Das Deutsche Reich annektiert am 16. März 1938 Österreich, greift so in das Leben der Jüdin Dora Kallmus ein. Nun kann sie nicht mehr nach Österreich, um ihre ältere Schwester Anna zu sehen. Mit dem Sieg Hitler-Deutschlands über Frankreich spitzt sich 1940 die Lage für die Geschwister zu. Die Schwester in Wien wird ins polnische Lódz deportiert und Dora Kallmus versteckt sich im Süden Frankreichs.

Über den Nachlass von Dora Kallmus entsteht von Eva Geber das Bild einer Frau, die trotz Not und Gefahr nicht bereit ist, sich nicht aufzugeben.
khw


MADAME D'ORA – TAGEBÜCHER AUS DEM EXIL
Herausgeben von Eva Geber

mandelbaum Verlag, Wien-Berlin 2022
252 Seiten – zahlreiche Dokumente und Fotos – 24,00 EUR