08.04.2023
Johannes Meerwald: Spanische Häftlinge in Dachau – Bürgerkrieg, KZ-Haft und Exil

Der Autor Johannes Meerwald, geboren 1991, studierte an den Universitäten Gießen, Jaén und Marburg Hispanistik und Politikwissenschaft. Seit 2020 ist er Doktorand am Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main. An der KZ-Gedenkstätte Dachau ist er freier Mitarbeiter in einem Projekt zur Erforschung des KZ-Außenlagerkomplexes München-Allach. Es ist das erste Mal, dass das Thema Spanische Häftlinge in einem Deutschen Konzentrationslager aufgearbeitet, auch ein Hintergrund mitgeliefert wird. Johannes Meerwald schreibt in seiner Einleitung: «Im Jahr 1933 besuchte der katalanische Priester Juan Tusquets Terrats das Konzentrationslager Dachau, das die Nationalsozialisten auf Geheiß Heinrich Himmlers im März 1933 als eines der ersten Lager zur Inhaftierung politischer Kontrahenten auf dem Gelände einer stillgelegten Munitionsfabrik eingerichtet hatten. Tusquets Terrats war ein bedeutender Akteur der spanischen Rechten: Er war Autor des antisemitischen Verkaufsschlagers Origenes de la revolución esplañola (1932), in dem er kolportierte, die spanische Republik sei eine Diktatur der »jüdischen Freimaurerei«, und zudem Herausgeber der Reihe Las Sectas, in der ähnliche gegen Juden und Freimaurer gerichtete Werke erschienen. Nach seiner Begehung des KZ Dachau mit Angehörigen der sogenannten Internationalen Antifreimaurerbewegung zeigte sich der Geistliche beeindruckt davon, wie die Nationalsozialisten in der Frühphase ihrer Herrschaft mit politischen Gegnern verfuhren. Später erklärte er, die Antifreimaurerbewegung hätte ihn nach Deutschland eingeladen, um »zu zeigen, was wir in Spanien zu tun hatten«. Mit seinen antirepublikanischen Visionen erreichte Tusquets Terrats in seinem Heimatland ein breites Publikum. Zu seinen prominentesten Lesern gehörten sowohl der spätere Diktator und General Francisco Franco als auch dessen Schwager und Vertrauter Ramón Serrano Súñer. Letzterer würdigte Jahre später die Verdienste des katalanischen Priesters für die spanische Rechte. Seine, die 1936 im Aufstand gegen die linke Volksfrontregierung Publikationen hätten, so Serrano Súñer, zu einer »revolutionären Stimmung« beigetragen der in der Zweiten Spanischen Republik gipfelte.

Der Spanische Bürgerkrieg, von rechtsgerichteten Militärs mit einem Putsch am 17. Juli 1936 begonnen, wurde von General Francisco Franco zur Niederlage der spanischen Republik am 1. April 1939 in Barcelona geführt. Das nationalistische Bündnis bekam Unterstützung von der Confederación Esplañola de Derechas Autónomas einer Vereinigung von katholisch orientieren Parteien des rechten Spektrums, den Karlisten und der faschistischen Falange. Die Intervention erhielt von faschistischen und nationalsozialistischen Verbündeten so aus Italien und Deutschland militärische Hilfe. Die spanischen Republikaner fliehen nach Frankreich. Für die französische Regierung unter Ministerpräsidenten Édouard Daladier waren die Flüchtlinge aus Spanien nicht willkommen.

Der Überfall Hitler-Deutschland am 10. Mai 1940 verschärfte sich ihr Schicksal. Die Spanier schließen sich der Resistance an und kämpfen gemeinsam mit den Franzosen gegen Hitlers Besatzungstruppen. Immer wieder verhaftet die Gestapo republikanische Spanier und liefert sie in die Konzentrationslager. So auch den ehemaligen Präsidenten der Generalitat von Katalonien und Vorsitzenden der Partei Esquerra Republicana de Catalunya, Lluís Companys. Im August 1940 wird Companys in der Nähe von Nantes von der Gestapo verhaften, auf Wunsch von Franco von der Gestapo an Spanien ausgeliefert. In Madrid gefoltert kommt er Anfang Oktober nach Barcelona, um am 14. Oktober vor Gericht, das ihn in einem Schnellverfahren zum Tode verurteilt. Einen Tag später um 6 Uhr 30 wird Lluís Companys auf dem Montjuïc vor dem Kastell aus dem Jahr 1751 hingerichtet.

In deutschen Konzentrationslagern von Dachau, Buchenwald, Flossenbürg, Hamburg-Neuengamme bis Mauthausen wurden republikanische Spanier Gefangene der Nationalsozialisten. Nach dem 8. Mai 1945 konnten sie nicht in ihre Heimat zurück, bis zum Tod des Diktators Franco am 20. November 1975 war ihnen die Heimkehr verwehrt. Mit Francos Anordnung wird Spanien nach Francos Tod wieder eine Monarchie.
khw


Johannes Meerwald: Spanische Häftlinge in Dachau
Bürgerkrieg, KZ-Haft, Exil

Wallstein Verlag, Göttingen 2022
128 Seiten – 16,00 EUR