20.11.2022
Franci Rabinek Epstein: Die Elektrikerin – Mein Überlebensweg als tschechische Jüdin 1939 bis 1945

Es sind die Erinnerungen der tschechischen Jüdin Franci Rabinek Epstein, die am 26. Februar 1920 als Tochter von Josefa und Emil Rabinek in Prag geboren wurde. Es beginnt bei Franci in Prag alles unpolitisch, sie arbeitet in der Stadt in dem Haute-Couture-Salon ihrer Mutter, den sie im März 1938 übernimmt. Das beginnt sich zu ändern, als es Deutschland ermöglicht, durch das Münchner Abkommen die Annexion des tschechischen Sudetenland zu übernehmen. Sieben Monate später besetzen deutsche Truppen Prag. Unter der Bezeichnung »Protektorat Böhmen und Mähren« werden große Teile der Tschechischen Republik dem Deutschen Reich angeschlossen. Auch Franci und die Eltern sind von den Veränderungen betroffen, werden im Juni 1939 von der Gestapo verhaftet, zwei Wochen im Pankrác-Gefängnis in Prag interniert. Am 1. September marschiert Deutschland in Polen ein, damit beginnt der Zweite Weltkrieg. Von April bis Juni 1940 besetzt Deutschland die Länder Dänemark, Niederlande, Belgien und Frankreich. Franci heiratet in diesem Jahr im August Josef Solat. Am 22. Juni 1941 überfällt das Deutsche Reich die Sowjetunion.
Nun folgt Schlag auf Schlag: Kennzeichnungspflicht, alle Juden müssen den „geben Stern“ tragen. Der Leiter des Reichssicherungshauptamtes Reinhard Heydrich wird stellvertretender Reichsprotektor für Böhmen und Mähren. Erste tschechische Juden werden nach Polen ins Getto Litzmannstadt in Lódz deportiert. Die Garnisonsstadt Terezín (Theresienstadt) wird nicht nur Getto für tschechische Juden. Im August 1942 wird Joe Solar ins Getto Theresienstadt deportiert. Einen Monat später folgen nach Theresienstadt auch Franci wie ihre Eltern Josefa und Emil Rabinek. Noch im selben Monat werden sie im Vernichtungslager Malyj Trostenez im heutigen Belarus erschossen.

Die Stationen des Überlebensweges von Franci nach dem Getto sind Auschwitz, in Hamburg die Außenlager des KZ Neuengamme: Dessauer Ufer, Neugraben und Tiefstack. Das endet im KZ Bergen-Belsen, hier wird sie am 15. April 1945 von der British Army befreit.

Mit großer Offenheit, auch dem Mut zur Selbstkritik und einer Portion von Humor, schildert Franci aus der Sicht einer einst gutsituierten jungen Frau Anfang zwanzig, wie sie die »Reise in die Hölle« überleben konnte. Mit Freundschaft, Einfallsreichtum und das beherzte Ergreifen von Chancen. Bei einer Begegnung mit dem KZ-Lagerarzt Josef Mengele gibt sich Francis als Elektrikerin aus. Über Jahre blieb der Text wegen seiner Offenheit unveröffentlicht. Nun wurde die Geschichte in den USA und in mehreren europäischen Ländern veröffentlicht, auch in deutscher Übersetzung.

Nachzutragen: Am 21. Dezember 1946 heiratet Franci Kurt Epstein. Am 21. Juli 1948 emigrieren Franci und Kurt Epstein mit Tochter Helen, geboren am 27. November 1947 in Prag, gemeinsam in die USA. Am 24. April 1989 stirbt Franci Epstein in New York.
khw


Franci Rabinek Epstein: DIE ELEKTRIKERIN
Mein Überlebensweg als tschechische Jüdin – 1939 bis 1945
Aus dem amerikanischen Englisch von Sabine Niemann

Herausgeberin: Die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte
zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen ist Trägerin der
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, des größten Konzentrationslagers
in Nordwestdeutschland – Mit freundlicher Unterstützung
Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius – Rudolf Augstein Stiftung
© der deutschen Ausgabe

Dölling und Galitz Verlag, München / Hamburg 2022
232 Seiten – 25 Abbildungen – 28,00 EUR