21.10.2022
|
|
Diego Viga: DIE UNPOLITISCHEN – ROMAN
|
Der Arzt und Hormonforscher Paul Engel aus Wien, der sich als Autor Diego Viga nannte, ist wohl einer der großen österreichischen Erzähler. Nun liegt der Roman »DIE UNPOLITISCHEN« dank der Herausgeber Erich Hackl als Neuausgabe des Verlags EDITION ATELIER WIEN vor. Er hat achtzehn Romane, drei Erzählbände und Theaterstücke, dazu ein paar Dutzende medizinische Fachartikel, naturwissenschaftliche Abhandlungen und philosophische Essays veröffentlicht. Trotzdem ist er in der österreichischen Exilliteratur der große Unbekannte.
Paul Engel wurde am 7. Juni 1907 in Wien als ältester Sohn eines jüdischen Kleiderfabrikanten in Wien geboren, studierte nach dem Besuch des Wasagymnasiums an der Universität in Wien Medizin. Im Februar 1933 promovierte er, absolvierte an der II. Chirurgischen Universitätsklinik das Praktikum. Aufgrund der antisemitischen Hetze konnte er mit keiner Anstellung an einer österreichischen Universität rechnen, daher nahm er einen schlecht bezahlten Posten am Hospital Pasteur in Hauptstadt von Uruguay, Montevideo an. Dem Autor war klar, dass Europa auf einen Krieg zu steuerte. Er heiratete mit Ferntrauung seine Freundin Josefine Monath, die er mit 17 Jahren kennenlernte. Auch seine Familienmitglieder sollten nach Uruguay kommen, diese Pläne zerschlugen sich. So kehrte er nach Wien zurück. Noch vor Bekanntwerden des von Hitler am 12. Februar 1938 diktierten Berchtesgadener Abkommens am 12. Februar 1938 an den österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg hatte sich Engel um ein Visum für Kolumbien bemüht. Dank einer ungarischen Heilmittelfirma, sie ernennt ihn zu ihrem Handelsvertreter, kann er noch kurz vor dem deutschen Einmarsch nach Österreich nach Lateinamerika ausreisen. In Bogotá besorgt er für seine Frau und die Angehörigen Einreisevisa für das Land. Bereits nach wenigen Wochen hat er einen Lehrstuhl für Biologie an der Universidad Libre, der nur Ehre und kein Geld einbringt. Hier lernt er den sozialistischen Politiker Jorge Eliécer Gaitán kennen. Seine Ermordung am 9. April 1948 in Bogotá löste die blutigste Geschichte des Landes, die „La Violencia“ in Kolumbien aus.
Nach der Befreiung Österreichs von der Naziherrschaft wäre er einer der wenigen Emigranten gewesen für einen Neubeginn im Land. Der damalige Rektor der Universität Wien gab ihm Hoffnung auf einen Lehrstuhl für allgemeine und experimentelle Pathologie. Auch seine Frau drängte, sie war nie heimisch in Kolumbien und Bogotá geworden. Es waren die Kinder, die in Kolumbien geboren waren, die große Zweifel hatten, ob sie sich an die Verhältnisse in Österreich gewöhnen würden.
Im Jahr 1950 übersiedelte die Familie Engel nach Quito in Ecuador, eine Entscheidung, die Paul Engel später nie bereute.
In der DDR erscheinen alle seine 17 Romane und die Erzählungen im Leipziger List Verlag. An seinen Epochenroman »Die Unverbesserlichen« als Manuskript an den Alfred A. Knopf Verlag in New York gesandt, kam mit „kein Interesse“ an Engel zurück. Nach Kriegsende sandte er das Manuskript an den Erwin Müller Verlag in Wien. Doch bevor das Buch erscheinen konnte, war der Verlag bankrott.
Es war der Literaturwissenschaftler Rolf Recknagel in der DDR, der als Dozent für ausländische Gegenwartsliteratur an der Fachhochschule für Bibliothekare in Leipzig arbeitete, der für Paul Engel, die Weichen für die Veröffentlichung stellte. In der Bundesrepublik erschien das Buch als Lizenzausgabe in der Edition Aurora des Röderberg Verlags 1985 der Titel »Das verlorene Jahr«. Der Roman »Die Unpolitischen« ist ein Kunstwerk, ein Familien- und Zeitroman wie ein Psychogramm einer Generation akademisch Gebildeter aus Wien. Lesenswert.
khw
Diego Viga: DIE UNPOLITISCHEN – ROMAN
Herausgegeben von Erik Hackl
Mit Unterstützung des Literaturreferats der Stadt Wien, MA7
und des Zukunftsfonds der Republik Österreich
Edition Atelier, Wien 2022
693 Seiten - 30,00 EUR |
|
|
|
|