10.04.2022
Daniel Siemens: Hinter der Weltbühne – Hermann Budzislawski und das 20. Jahrhundert

Der Autor Daniel Siemens, 1975 in Bielefeld geboren, ist ein deutscher Historiker, hat eine Professur für Europäische Geschichte an der School of History, Classics and Archaeology an der Newcastle University in Newcastle upon Tyne im Nordosten des Vereinigten Königreichs.

Das Buch erzählt die Lebenswege und die vielfältigen Netzwerke des ungewöhnlichen Journalisten und Publizisten Hermann Budzislawski. Mit seiner Geschichte ist zugleich auch die Geschichte der deutschen Wochenzeitschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft »Die Weltbühne« verbunden. Das politische Magazin erschien am 7. September 1905 als „Die Schaubühne“ als reine Theaterzeitschrift. Seit 1913 hatte sich die Zeitschrift für wirtschaftliche und politische Themen geöffnet und wurde in »Die Weltbühne« umbenannt. Einmal von Siegfried Jacobsen in Berlin 1905 gegründet übernahm nach seinem Tod im Dezember 1926 Kurt Tucholsky die Leitung, gab sie im Mai 1927 an Carl von Ossietzky weiter. Mit den kleinen roten Heften galt »Die Weltbühne« in der Weimarer Republik als das Forum der radikaldemokratischen Linken. Nach dem Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 verboten die Nationalsozialisten am 7. März 1933 das Magazin in Deutschland, wurde bis 1939 im Exil und dem Titel als »Die neue Weltbühne« weitergeführt. Stationen im Exil sind zuerst Wien, dann Prag und zuletzt Paris.

Die zentrale Person im Exil als »Die neue Weltbühne« ist der am 11. Februar 1901 in Berlin geborene Hermann Budzislawski. Der Sohn des Fleischermeisters Isidor Budzislawski besucht die Knabenschule der Jüdischen Gemeinde Berlin und die Oberrealschule. Nach seinem Abitur studierte er von 1919 bis 1923 Nationalökonomie und Staatswissenschaften in Berlin, Würzburg und Tübingen. Mit einer Arbeit zur Ökonomie der menschlichen Erbanlagen wurde er bei Robert Wilbrandt zum Dr. sc. pol. promoviert. Danach arbeitete er als Redakteur und Hauslehrer, schreibt als freier Mitarbeiter für den „Nachtexpress“ und „Die Weltbühne“. Das Mitglied der SPD von 1929 bis 1933 muss auch fliehen, zuerst nach Zürich, dann weiter nach Prag. Ab 1934 ist er der Chefredakteur. Am 11. Juni 1935 veröffentlichte der „Deutsche Reichsanzeiger“ die vierte Ausbürgerungsliste auf der auch sein Name steht.

Bis 1938 ist Vorsitzender des „Deutschen Volksfronkomitees“, ist ab 1939 bis 1940 in Frankreich interniert, flüchtet über Portugal in die USA. Für amerikanische Schriftstellerin und Journalistin Dorothy Thomson ist er Mitarbeiter, auch im Mai 1944 an der Gründung „Council for Democratic Germanay“ (GDG) in New York beteiligt.

Nach Deutschland kehrt Budzuslawski 1948 zurück geht in die damalige Sowjetisch Besetzte Zonen (SBZ), wird Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und Professor für internationales Pressewesen, das ab 1954 an der neugegründeten Fakultät für Journalistik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Über Jahrzehnte prägen seine Schriften den sozialistischen Journalismus der dadurch gekennzeichnet ist, dass nach der Pressetheorie von Lenin soll er kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator des Sozialismus sein.

Hermann Budzuslawski ist Mitglied im Verband Deutscher Journalisten und des Kulturbundes, auch Abgeordneter in der Volkskammer. Von 1967 bis 1971ist er Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift »Die Weltbühne«. Am 28. April 1978 stirbt der Journalist in Berlin, der unter den Pseudonyme Hermann Eschwege und Donald Bell veröffentlichte. Die Urne von Hermann Budzuslawski wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Berliner Zentralfriedhof beigesetzt. Auch das endgültige Ende der Zeitschrift „Die Weltbühne“ wird dokumentiert. Nicht erwähnt in dem Buch, dass Eckart Spoo, nach seinem Ausscheiden als Redakteur der Frankfurter Rundschau unter den Namen „Ossietzky“ die neue Weltbühne mit Kollegen startete.
Lesenswerter Band »Hinter der Weltbühne«.
khw


Daniel Siemens: Hinter der Weltbühne
Hermann Budzislawski und das 20. Jahrhundert

Aufbau Verlage GmbH & C0. KG, Berlin 2022
413 Seiten – sw-Fotos – 28,00 EUR