10.04.2022
ULRIKE GUÉROT: WER SCHWEIGT, STMMT ZU
ÜBER DEN ZUSTAND UNSERER ZEIT UND ARÜBER, WIE WIR LEBEN WOLLEN

Die Autorin Ulrike Guérot, 1964 in Grevenbroich geboren, ist Politikwissenschaftlerin und Publizistin. Seit 2021 hat sie die Professur für Europapolitik an der Universität Bonn. Einer der Forschungsschwerpunkte ist die Entwicklung von Konzepten zur Zukunft des europäischen Integrationsprozesses.

In ihrem Buch schreibt die Autorin: »Corona bin ich vielfach begegnet. Mein Sohn und seine Freundin hatten es, ebenso viele Freunde und Bekannte. Insgesamt kenne ich rund 50 Personen, die Corona hatten. Eine an Adipositas erkrankte Personen musste auf der Intensivstation behandelt werden; zwei weitere Freundinnen hatten zehn Tage eine sehr schlimme Zeit mit Atemnot und beträchtlichem Gewichtsverlust. Alle anderen eine sehr unangenehme, bettlägerige Woche; oder auch gar nicht viel außer dem bekannten Geschmacksverlust. Nichts davon schien mir einen gesellschaftlichen Ausnahmezustand von in nie dagewesener Weise über zwei lang Jahre zu rechtfertigen.

Gleichzeitig konnte man – fast umgekehrt proportional zur Datenlage – eine fast komplette Retraktion der Diskussion über das Corona-Geschehen erleben: es gab immer mehr einseitige Berichterstattungen, Ausgrenzungen von Expertinnen, die eine andere Meinung vorbrachten, und kritische Wissenschaftler, die aus Beratungsgremien entlassen werden. Es gab auf einmal Nachzensur bei öffentlichen-rechtlichen Anstalten, ebenso wie auf den Plattformen der sozialen Medien. Ich persönlich musste im August 2021 eine Rufmordkampagne über mich ergehen lassen, weil ich – wie viele andere – auf Ungereimtheiten in der offiziellen Corona-Berichterstattung, auf das Framing von Zahlen oder rechtliche Problematik von 2G hingewiesen habe. Viele, die das taten, wurden – schlimm genug – von rechts vereinnahmt. Ich hingegen habe mich gewundert, warum nur die politische Rechte die Maßnahmen als unverhältnismäßig kritisierte, während die politische Mitte sie begrüßte und immer mehr davon forderte.

Auf einmal konnte man die eigenen Argumente nur noch in Zeitungen oder auf Webseiten lesen, die man vorher nicht mal mit der Kneifzange angepackt hätte: der Bild-Zeitung, der Achse des Guten oder in FPÖ-Blättchen. Damit war die Frage auf dem Tisch: Ist man rechts, wenn man in einer konkreten Frage Argumente teilt, die man gerne woanders – etwa in der Zeit oder der FAZ – gelesen hätte?«

Die zwei Jahre Corona haben das gesellschaftliche wie gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik noch nicht verformt. Inzwischen ist das Infektionsgesetz geändert, da eine Überlastung der Krankenhäuser nicht mehr zu befürchten ist. Außer Hamburg und dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, sie haben sich zum Risikogebiet erklärt, hier bleibt alles wie gehabt, können die Bürger nun wieder ohne Maske einkaufen.

In ihren Schlussbemerkungen hofft die Autorin, die mit ihrem Buch Denkanstöße gibt, das es durch von Corona zu keinen Kollateralschäden kommt. Hoffen wir es. Ich werde weiter Maske tragen – überall wo Menschen zusammentreffen.
khw


ULRIKE GUÉROT: WER SCHWEIGT, STIMMT ZU
ÜBER DEN ZUSTAND UNSERER ZEIT UND DARÜBER, WIE WIR LEBEN WOLLEN

WESTENDVERLAG, FRANKFURT/MAIN 2022
141 Seiten – 16,00 EUR