19.04.2022
EBERHARD SEIDEL: DÖNER – Eine türkisch-deutsche Kulturgeschichte

Der Autor Eberhard Seidel, geboren am 20. Dezember 1955 in Sommerhausen/Main, besuchte das Röntgen Gymnasium in Würzburg. Nach seinem Studium der Soziologie arbeitet er von 1982 bis 1997 als freier Journalist für Zeitungen und Rundfunk. In diesen Jahren gründet Seidel in Berlin die inzwischen eingestellte Zeitschrift „Kultur in Wedding“. Ab 1997 bis 2002 ist er Redakteur bei der TAZ im Ressort Meinung und von 1998 bis 2001 zudem Mitglied des Vorstands der TAZ Verlagsgenossenschaft, der Herausgeber der Zeitung ist. Gemeinsam mit Klaus Farin veröffentlicht Eberhard Seidel die Bücher „Krieg in den Städten“ (1991) und „Skinheads“ (2002), in denen die Jugendlichen selber zu Wort kommen. Inzwischen sind es Standardbücher zur Jugendsozialforschung. Ab 2002 wird er Geschäftsführer von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Nun legt Eberhard Seidel eine informative, soziologische und gut recherchierte Kulturgeschichte des Döners vor. Bereits 1996 erschien von ihm der Titel: „Wie der Döner über die Deutschen kam“. Das neue Buch ist aber auch eine Geschichte der türkischen Arbeitsmigranten, die zu Beginn der 60er Jahre in die Bundesrepublik kamen. Die Geschichte des „Döner“ beginnt in Westberlin und kam von hier über Deutschland. Ein „Döner“ ist herzhaft geröstetes Fleisch, das eingebettet in warmes Fladenbrot, übergossen mit Knoblauchsoße oder scharfer Soße gegessen wird. Der Autor zeichnet den Weg nach, wie der „Döner“, nach dem Fall der Mauer auch die Ex-DDR übernimmt. Leider, so Seidel, gibt es im Gegensatz zur Türkei Döner aus reinem Lammfleisch hierzulande nicht.

Eine Chronologie rechtsradikaler Gewalt auf die türkische Gastronomie im Osten verzeichnet die Kulturgeschichte des Döners. Auch das Attentat 2019 auf die Synagoge in Halle. Der rechtsextreme Attentäter scheiterte mit seinem Vorhaben, fand sein Opfer in einem Dönerimbiss. Mit „Döner-Morde“ wurden von der Polizei und den Medien neun rassistische Morde an Türken von Rostock bis München bezeichnet. Es war die Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund«, die das taten. Erst ihre selbst Enttarnung durch einen Suizid führte 2011 zur Aufklärung der Verbrechen. Mit Aufklärung wurde der Begriff »Döner Morde« von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Unwort des Jahres 2011erklärt. Der Autor geht davon aus, dass es ein mehr der unbestrittenen 213 Todesopfer seit 1990 ist, da viele von der Polizei als Opfer rechtsextremer Gewalt nicht erkannt wurden.

Auch wenn Eberhard Seidel auf frühere Veröffentlichung zurückgreift, ist seine türkisch-deutsche Kulturgeschichte sehr informativ, vermittelt facettenreich die Geschichte des Döners. Er teilt auch mit, dass Rotkohl im Döner nichts zu suchen hat, auch dass es bis heute nicht gelungen ist, für den Döner Kebab ein Qualitätssiegel festzulegen. Lesenswert.
khw


EBERNHARD SEIDEL: DÖNER
Eine türkisch-deutsche Kulturgeschichte
Illustrationen von Laura Fronterré

März Verlag GmbH, Berlin 2022
258 Seiten – 20,00 EUR