14.10.2021
Uta von Arnim: Das Institut in Riga – Geschichte eines NS-Arztes und seiner »Forschung«

Die Autorin Uta von Armin - praktizierende Ärztin - zeichnet scharfkantig das Bild eines baltischen NS-Arztes und seiner Familie nach. Der Arzt war der Großvater der Autorin Herbert Bernsdorff. Er leitete als gläubiger Nationalsozialist in dem vom Deutschen Reich besetzten Lettland in der Hauptstadt Riga das Gesundheitswesen. In einem Gutshaus seiner Frau Edda am Stadtrand von Riga dem Kleistenhof gründete der Ehemann Herbert Bernsdorff das »Forschungsinstitut«. Hier konnten Wissenschaftler und Laborantinnen aus dem Deutschen Reich arbeiten und forschen, um einen Impfstoff gegen Fleckfieber herzustellen. Juden waren im Kleistenhof die »Versuchskaninchen«.

Der Band zeigt, welche Rolle der Großvater als Arzt als »Beauftragter des Reichsführers« in den drei baltischen Staaten spielte. Auch seine Aufgaben die er als Leiter der Abteilung »Gesundheit und Volkspflege im Reichskommissariat Ostland« bei der nationalsozialistischen Gesundheits- und Bevölkerungspolitik spielte. Bereits nach der Revolution von 1918 in Deutschland hatte Bernsdorff, der 1920 als Assistenzarzt aus Riga nach der »Befreiung der Stadt vom bolschewistischen Terror« ins Reich geht, zu Freikorps und der Baltischen Landwehr, Kontakt damit zu Rechten. Drei Jahre arbeitet Bernsdorff als Arzt in Würzburg und München. Kurz nach dem Hitler-Putsch in München 1923 kehrt er zurück nach Riga, heiratet 1929 Edda Baronesse von Kruedener. Neben der adeligen Herkunft bringt die Frau eine völkische Gesinnung und die Erbtante mit, der das Gut Kleistenhof gehört.

Da ihr Großvater weder Tagebücher noch Briefe hinterlassen hat, setzte die Autorin das Bild vom Institut aus Dokumenten, Büchern und Interviews zusammen. Im Oktober 1944, die Rote Armee ist in Riga, ist es mit dem Institut Riga vorbei. Schon längst sind die jüdischen Versuchspersonen geflohen. Eine sowjetische Kommission sammelt Zeugenaussagen über die Kriegsverbrechen der Nazis. Seit dem 16. Dezember 1944 steht Herbert Bernsdorff auf der Kriegsverbrecherliste der Sowjets in Riga als Leiter der verbrecherischen Tätigkeit des Instituts für medizinische Zoologie und SS-Hygieneinstitut. Auch im Nürnberger Ärzteprozess taucht sein Name auf. Erst zwanzig Jahre später legt die Hamburger Staatsanwaltschaft einen Akt mit seinem Namen an. Als endlich 1969 die Ermittlungen beginnen, da lebt Herbert Berrnsdorff bereits nicht mehr.
Durch die Spurensuche seiner Enkelin entsteht ein eindringliches Dokument über die Taten der Nazis.
Lesenwert.
khw


Uta von Armin: Das Institut in Riga
Die Geschichte eines NS-Arztes und seiner Forschung

Verlag Nagel - Kimche, MG Medien Verlag, Zürich-München 2021
239 Seiten - zahlreiche Fotos - 22,00 EUR