25.08.2021
Hermann-Josef Große Kracht: »SOLIDARITÄT ZUERST« – Zur Neuentdeckung einer politischen Idee

Der Autor Hermann-Josef Große Kracht, geboren 1962 in Glandorf ist ein katholischer Theologe. Nach seinem Abitur am Gymnasium Bad Iburg 1981 machte er Zivildienst beim Caritasverband Osnabrück. An der Universität Münster studierte er Theologie, Soziologie und Philosophie. In Münster erwarb er als Abschluss das Diplom Katholische Theologie. Von 1988 bis 1993 war er wissenschaftlicher Mittarbeiter am Institut für katholische Theologie an der Universität Kassel. Nach verschiedenen Stationen ist er heute Akademischer Oberrat am Institut für Theologie und Sozialethik der Technischen Universität Darmstadt.

Die Solidarität ist im Vergleich zur Freiheit und zur Gerechtigkeit merkwürdig theorielos. Liegt es an dem politischen Liberalismus aus den vorindustriellen Jahren, der unser Denken bis heute prägt? An die sozialphilosophischen Aufbrüche des französischen Solidarismus von Akteuren wie Léon Bourgeois, Alfred Fouillée Charles Gide erinnernd, fragt der Autor Hermann-Josef Große Kracht, ob es nicht Zeit ist, die philosophischen Freiheitslektionen des 18. Jahrhunderts mit den soziologischen Solidaritätslektionen des 19. Jahrhunderts zu einem postliberalen Solidarismus zu verbinden.

Im Vorwort schreibt der Autor Hermann-Josef Große Kracht: »Solidarität zuerst! - das ist nicht erst heute ein sozialer Imperativ. Schon im Paris der Jahrhundertwende (19./20. Jhdt.) erklang überall die Parole >solidarité d'abord<. Und schon damals bewegte sie sich - nicht nur, aber auch - im Rahmen einer bedrohlichen Epidemie.

Denn im Moment, in dem die immer wieder ausbrechende Tuberkulose als gefährliche Infektionskrankheit erkannt worden war, wurde den Zeitgenossen schlagartig klar, dass ihre persönliche Gesundheit in massiver Weise von ihrer gesellschaftlichen Umwelt, von der zunehmenden sozialen Dichte ihrer Lebensverhältnisse und der Leistungskraft einer nachhaltigen Hygiene- und Gesundheitspolitik des Staates abhing. Aber nicht nur das: Längst ist deutlich geworden, dass sich die moderne Industrie- und Massengesellschaft insgesamt – weit über Fragen der Bekämpfung von Epidemien hinaus - mit dem sozialphilosophischen Design des politischen Liberalismus nicht mehr angemessen erfassen lässt. Sie benötigte für ihr normatives Selbstverständnis grundlegend neue Antworten auf grundlegende neue Herausforderungen. Sie stand vor der dringenden Aufgabe, den liberalen Rechtstaat zu einem postliberalen Wohlfahrtsstaat auszubauen; und sie braucht dazu nicht weniger als eine neue Sozialtheorie von Personen und Gesellschaft, von individueller Freiheit und sozialer Gerechtigkeit.«

Vielleicht beginnt jetzt in der Corona Pandemie die Weiterentwicklung der Solidarität.
khw


Hermann-Josef Große Kracht: »SOLIDARITÄT ZUERST«
Zur Neuentdeckung einer politischen Idee

transcript Verlag, Bielefeld 2021
Edition Politik Band 124
191 Seiten - 30,00 EUR