11.11.2024
Klimawandel verursacht Umweltkatastrophe in Spaniens südosten


Spaniens Küsten verschwinden. Dort wo der Ebro, der zweitgrößte Fluss des Landes über sein Delta ins Mittelmeer verschwindet, lässt sich beobachten, wie die Iberische Halbinsel bedroht wird. Es ist das Mittelmeer, an dem das Wasser steigt. Studien von der Umweltorganisation Greenpeace betreut und im Sommer 2024 veröffentlicht, riefen in Spanien eine große Beunruhigung hervor. Es sind die Wellen des steigenden Meeresspiegels, die an den Stränden nagen, dass besonders in Katalonien und der Nachbarprovinz Valencia. Davon sind hier schon mehr als 60 Prozent der Strände betroffen.

Das Ebro-Delta wirbt als „Paraiso de la biodiveridad“ – (Paradies der Biodiversität) – und seinen endlosen Reisfeldern und einsamen Stränden. In dem Zusammenspiel zwischen dem Ebro und Mittelmeer entstand ein einmaliges aber äußerst empfindliches Ökosystem. Durch die Feuchtgebiete staksen Flamingos, Zugvögel lieben das Reisanbaugebiet des Deltas. Hier überwintern Vögel, mehr als 360 Vogelarten werden im Delta gezählt. Bisher bremsten die Strände und Dünenketten auch das Meerwasser aus, das ist nun vorbei, jetzt dringt es in die Böden. Aber Reis kann nur in Süßwasser wachsen, ein weitverzweigtes Wassersystem liefert es aus dem Landesinneren ins Delta. Bis spätestens 2030, so Greenpeace wird sich das Ansteigen des Wassers von Mittelmeer und Atlantik an den Küsten bemerkbar machen: Almeria, Málaga wie am Atlantik in Cádiz, Huelva, Vigo, A Coruña, Gijón, Santander, Bilbao, den Kanaren und den Balearen.

Auch das Unwetter, das am 29. Oktober mit bis zu 445 Litern Regen pro Quadratmeter auf Valencia, La Mancha und Andalusien als eine Jahrhundertkatastrophe herabstürzte, hat seine Ursache im Mittelmeer und ist eine Folge des Klimawandels. Zwischen den steigenden Wassertemperaturen im Mittelmeer und dem Starkregen über Valencia besteht ein direkter Zusammenhang. Die sich über dem Mittelmeer bildenden Tiefdruckgebiete ziehen zur Iberischen Halbinsel und sorgen für heftige Niederschläge wie auch am 29. Oktober. Die Wassermassen kamen rasend schnell, überraschten Anwohner trotz höchster Warnstufe Rot des staatlichen Wetterdienstes Agencia Estatal de Meteorología (AEMET). Nur die Warnung wurde von zahlreichen LKW- und Autofahrern nicht beachtet. Ausgelöst hat das Unwetter das Wetterphänomen »gota fría« zu deutsch »kalter Tropfen«, in Spanien DANA genannt. Das Phänomen tritt häufig in der spanischen Mittelmeerregion im September und Oktober auf und entsteht, wenn kalte Luft auf Luft über dem Mittelmeer trifft mit der Folge von heftigen Regenfällen. Nur diesmal wurde das Phänomen zu einer Katastrophe. Betroffen waren Valencia, Murcia, Andalusien und Kastilien – La Mancha. Die ersten Toten der tödlichen Flut wurden gemeldet. Unterbrochen der Zugverkehr Valencia – Madrid wie auch der Flughafen von Valencia. Das Wasser stand auf dem Rollfeld. Die Menschen sind ohne Elektrizität, so fallen Telefon, Internet und das Handy aus. Insgesamt sind mehr als 150 Straßen und Autobahnen für den Verkehr gesperrt. Auch für die nächsten Tage werden neue Regenfälle gemeldet.

Staatstrauer von drei Tagen wird ausgerufen. Beim Besuch am 3. November von König Felipe VI. und Frau und Ministerpräsident Pedro Sánchez im Epizentrum Paiporta mit 62 Toten unweit von Valencia kommt es zu Krawallen. Jugendliche aus dem rechtsradikalen Umfeld kenntlich mit Symbolen von Francos Blauer Division werfen auf den König und Sánchez Kugeln aus Lehm. Nach 10.000 Polizisten und Soldaten werden weitere 10.000 in die verwüste Region um Valencia geschickt. Tätig sind bereits 1800 Feuerwehrmänner aus Madrid im Katastrophengebiet. Tausende Menschen, darunter zahlreiche Jugendliche sind aufgebrochen um in Solidarität zu helfen. Mit Besen, Wasserkanister, die Rucksäcke mit Lebensmitteln und Medikamenten ziehen durch Straßen, die oft kilometerlang und zu Fuß, die nur so passierbar sind. Das wahre Ausmaß der Schäden ist noch immer unbekannt. Nach einem Bericht der Handelskammer sind rund 4.500 Geschäfte, Gastronomiebetriebe und Dienstleister geschädigt, davon 1.600 komplett. Etliche Fabriken der Metall- und Holzindustrie zerstörte die Wassermassen. In den am stärksten betroffenen Gebieten von Valencia leben 850.000 Menschen, das ist ein Drittel der Bevölkerung der Provinz Valencia. Die Orangenhauptstadt, in der jährlich mehr 2,5 Millionen Tonnen Zitrusfrüchte geerntet werden, ist zu Beginn der Ernte unbekannt, wie viele Plantagen unter Wasser stehen, was geerntet werden kann, wie hoch der Schaden ist.

Während die Rettungskräfte weitere Tote bergen, überbieten sich die Regionalregierung von Valencia und die Zentralregierung in Madrid mit Hilfsversprechen. Das erste Notprogramm von Valencia hat ein Wert von 31,4 Milliarden Euro. Der Ministerpräsident Pedro Sánchez stellt einen Nothilfeplan in Höhe von 10,6 Milliarden Euro als direkte Unterstützung für Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen, steuerliche Vergünstigen sowie Kredite bereit.

Bisher wurden 219 Tote gefunden, nach 78 Vermissten wird noch gesucht. Bis hier wieder Normalität ist – dass wird noch eine Zeit dauern. Noch immer wird aufgeräumt, tausende von Autos warten auf ihre Verschrottung. Die Kosten für des Oktober Unwetter sind noch nicht ermittelt, werden aber beachtlich sein.
khw

Flamingos im Ebro-Delta


Reisfelder


Zerstörtes Eisenbahngleis


Vom Wasser zerstörte Brücke


Hausrat vom Wasser unbrauchbar