01.06.2022
Hamburger Korrespondenz im Juni 2022


Seit dem 20. Mai ist Hamburg mit der »Triennale der Photographie« bis Mitte Oktober 2022 wieder das Mekka der Fotografie. Es ist die 8. Veranstaltung. Die Triennale der Photographie geht auf den Fotografen und Sammler Gundlach zurück, er war Fotograf, Galerist, Sammler, Kurator und Stifter und im September 2003 Gründungdirektor des »Hauses der Photographie« in den Deichtorhallen. Die ehemaligen zwei Hallen des Gemüse- und Blumenmarktes von Hamburg sind ein Beispiel der Industriearchitektur in der Übergangsphase vom Jugendstil zu den Ausdrucksformen des 20. Jahrhunderts. Die Hallen wurden durch die Körber-Stiftung restauriert, befinden sich seit 1989 im Besitz der Stadt Hamburg. Eine Halle ist der aktuellen Kunst gewidmet, die andere der Photographie. F.C. Gundlach, eigentlich Franz Christian Gundlach, wurde Am 16. Juli 1926 im Hessischen Heinebach geboren, verstarb am 23. Juli 2021 in Hamburg. Seine Modefotografie war prägend in den 1950er bis in die 1970er Jahre. Seine Sammlung fotografischer Arbeiten zählt zu den bedeutendsten privaten Fotosammlungen Deutschlands, heute Dauerleihgabe im Haus der Photographie.

An der 8. Triennale der Photographie beteiligen sich mit Themenausstellung die Deichtorhallen, das Bucerius Kunst Forum, die Sammlung Falckenberg, Hamburger Kunsthalle, Jenisch Haus, Kunsthaus Hamburg, Kunstverein Hamburg, MARK – Museum am Rothenbaum, Kulturen und Künste der Welt, Museum der Arbeit, Museum für Hamburgische Geschichte und das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. - Das Thema der 8. Triennale der Photographie Hamburg heißt „Currency“. Heute eine gebräuchliche Verwendung in der Währung als ein wirtschaftlicher Begriff, mit dem der Zustand regionaler oder nationaler Wirtschaft gemessen wird. Er kann sich auf den spekulativen Wert von Sachgütern oder auf vorteilhafte Vereinbarungen zwischen Nationen, Gruppen und Individuen beziehen. Auf die visuelle Kultur ausgedehnt, wird der Begriff in erster Linie mit kulturellem Kapital in Verbindung gebracht. In diesem Sinn lädt er zu einer kritischen Betrachtung der transnationalen Verbreitung, Kanon-Bildung, Vermittlung, Übertragung und Visualisierung ein.

Nachdem uns die Fotografie seit mehr als ein Jahrhundert begleitet, haben wir gelernt, die Welt „fotografisch“ wahrzunehmen. Dabei sehen viele die Welt in Formaten, wie sie von den Medienplattformen geprägt werden, auf denen diese Bilder bereitgestellt werden. Während Bilder an sich unbeständige Formen sind, bestimmt das durch dieses künstliche Sehen aufgebaute geistige Archiv grundlegend, wie wir uns mit der uns umgebenden Welt auseinandersetzen. Die Gegenwart kommt daher einem „fotografischen Zeitalter“ gleich. Sie erfordert eine andere, über diese Saturiertheit hinausgehende systematische Beschreibung, wie wir Bilder betrachten, deuten und auf sie reagieren. Auch wenn Kameras allgegenwärtig sind, sollte man ihrer Präsens nicht ohne Weiteres ein demokratisches Potenzial zuerkennen.

Vor dem rasanten Wachstum der digitalen Bilderstellung urteilte die Schriftstellerin und Publizistin Susan Sontag: „Eine kapitalistische Gesellschaft braucht eine Kultur, die auf Bildern basiert. Sie muss unentwegt Unterhaltung bieten, um zum Kauf anzuregen und den Schmerz der Wunden zu betäuben, die durch Klassismus, Rassismus und Sexismus gerissen werden.“ Sontag weiter: „…die Produktion von Bildern eine beherrschende Ideologie. An die Stelle des gesellschaftlichen Wandels tritt ein Wandel der Bilder.“ Obwohl Sontag diese Worte 1977 schrieb, sind die Widersprüche um Fotografie und Macht nach wie vor relevant und lassen wichtige Fragen zu Zugang, Absicht und Darstellung sichtbar werden.

Dabei wirft Currency mehrere Fragen auf: Wie machen Fotografien das Fremderleben zugänglich? Haben die Fotografierten eine Macht auf das Foto, was wird erzählt wie die Bilder entstanden sind? Die Kuratoren stehen einem experimentellen Umgang mit dem Medium unvoreingenommen gegenüber, folgen vorgeschlagenen Alternativen des Sehens, Fühlens, Entschlüsselns und Zusammenseins. Fragen sind heute mit der Fotografie arbeiten, die Beziehungen zwischen Sehen und Gesehen werden. Ebenso neues Denken und wie die Verbreitung von Wahrnehmung und Wissen Subjektivität durchdringt und nährt.
khw

Container-Haus der Photographie


Deichtorhallen


Pressekonferenz