31.10.2021
Hamburger Korrespondenz im November 2021


In diesen Tagen kam vom Eigentümer der Werft Blohm+Voss (B+V) die Nachricht, dass die Auftragslage im maritimen Schiffbau mehr als mau ist. Die ehemalige Hamburger Großwerft B+V setzt zur Zeit auf den Marineschiffbau für die Bundeswehr. Da sind die Auftragsbücher bis 2027 voll mit Aufträgen. Auch die Aufträge für den Bau von Yachten in jeder Preisklasse sind vorhanden. Inzwischen wurde bekannt, dass über 500 Schiffbauer ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Auch die Schiffbauer der ältesten Hamburger Werft Pella Sietas werden in die Arbeitslosigkeit geschickt. Bei Pella Sietas sind 200 Lohnabhängige betroffen. Dabei hatten die Arbeitnehmer der Werft in Neuenfelde auf Besserung gehofft. Bei einer Betriebsversammlung wurden sie jüngst von der ernsten Lage der Werft vom Insolvenzverwalter Achim Ahrendt informiert. Auf dem Gelände bleibt nur eine kleine Rumpfmannschaft.

Dabei zählt diese Werft zu den ältesten Schiffbaubetrieben der Welt, wurde erstmalig 1635 in Urkunden erwähnt und blieb über neun Generationen in Familienbesitzt. Im Jahr 2014 wurde die Werft von der russischen Pella Shipyard aus St. Petersburg aus ihrer damaligen Insolvenz übernommen. Bis heute stehen die Chancen schlecht für eine Fortführung der ältesten Werft.

Die Werft Blohm+Voss - so die Schreibweise nach Blohm & Voss bis 1965 - wurde auf Hamburg-Steinwerder 1877 gegründet. Die Werft hat eine wechselnde Geschichte. Am 28. September 2016 übernahm die Bremer Lürssen Werft B+V. Seit dem 1. Oktober 2021 gehört die Hamburger Werft zur NVL Group. Die NVL B.V.& Co. KG ist die Führungsgesellschaft der Gruppe eines Werftenverbundes mit Standorten in Australien, Bulgarien und Brunei. Unter der Abkürzung dieser Dachmarke NVL (Abkürzung für Naval Vessel Lürssen) ist der Neubau von Marineschiffen und Küstenwachbooten zusammengefasst. Es bündelt auch die Reparaturen der Bundesmarine.

Der drohende Arbeitsplatzabbau wie bei Pella Sietas, Bremerhavener Lloyd Werft und Blohm+ Voss ist wohl erst der Anfang.

Man spricht davon, dass die zum Genting-Hong-Kong-Konzern gehörenden MV-Werften in Wismar, Rostock und Strahlsund betreibt, auch die Werften in Hamburg und Bremen gehören.

Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste warnt eindringlich vor dem »Substanzverlust« im Schiffsbau, auch vom Verlust des Fachwissens. Das wäre auch eine Aufgabe für die neue Ampel-Bundesregierung, die noch immer nicht im Amt ist.

Ich erinnere mich noch, dass bis in die sechziger Jahre die Niethämmer von B+V laut in St. Pauli zu hören waren. Diese Geräuschkulisse ist seit langem vorbei
khw

Blohm+Voss-Werft in der Abendsonne


Pella-Sietas-Werft bei Sonnenaufgang


Keine Neubauschiffe mehr aus Hamburg?