01.02.2021
Hamburger Korrespondenz im Februar 2021


Seit dem 25. Januar gibt es einen Streik im Hamburger Hafen. Die Angestellten des Terminalbetreiber der SCA/SCB, eine Tochter des größten Terminalbetreibers in Hamburg, HHLA, legten die Arbeit nieder. Gefordert wird eine Angleichung an die Tarife der HHLA. Die Auseinandersetzung besteht bereits seit vielen Monaten. Seit 2020 laufen bereits die Tarifgespräche zwischen der Gewerkschaft ver.di und der HHLA. Im Oktober wurden die Gespräche für gescheitert erklärt.

Der Gewerkschaftssekretär für den Fachbereich Verkehr der ver.di Hamburg: »In fast zwölf Monaten Verhandlungen hat sich die HHLA nur millimeterweise bewegt. Deswegen haben die Kollegen jetzt beschlossen, für ein vernünftiges Angebot zu streiken. Sie fordern, zu den selben Bedingungen zu arbeiten, wie die anderen HHLA Arbeiter.«

Der HHLA-Sprecher Hans-Jörg Heims bezeichnet die Forderungen und den Arbeitskampf als „unsolidarisch“. Trotz des Streiks läuft der Hafenumschlag derzeit weiter. Bei der HHLA geht es um die Durchsetzung eines Sparprogramms da die HHLA den Überschuss an den Eigentümer, die Hansestadt Hamburg, abführen muss. Auf der anderen Seite übernimmt die HHLA als Hafenbetreiber das Terminal in Triest, was bekanntlich nicht an der Nordsee sondern am Mittelmeer liegt. Kostet das für die HHLA keine EUR?

Auch Hamburgs Nimbus als die Pressestadt der Bundesrepublik fängt an zu bröckeln. Lang ist des er, dass das Wochenmagazin »stern« aus dem Hause Gruner + Jahr zu den Leitmedien der Republik gehörte. Im Jahre 1983 brachte der Skandal um die gefälschten Tagebücher das Blatt ins Trudeln. Es war der Maler Konrad Kujau, der die 62 Bände Hitler-Tagebücher, mit denen die Geschichte umgeschrieben werden sollte, dichtete. Hilfreich bei dieser Aktion war der stern-Reporter Gerd Heidemann, der aus dem Besitz von Hermann Göring alles kaufte, was er habhaft werden konnte. Für diesen erfundenen »Historischen Schrott« zahlte der Verlag Millionen. Eingebunden wurde von Manfred Fischer, bei Gruner + Jahr für den Zeitschriftenbereich verantwortlich, in der Konzernzentrale in Gütersloh der Vorstandsvorsitzende von Bertelsmann Reinhard Mohn. Der Mann war fasziniert von den »Hitler-Tagbücher«, sprach von der Sensation des Jahrhunderts. Auch Reinhard Mohn hatte weder Fragen oder gar Zweifel zur Echtheit der Hitler-Tagebücher. Unter großer Geheimhaltung wurde im »stern«-Verlag die Veröffentlichung vorbereitet, das ohne Zweifel an der Echtheit der Tagebücher.

Am 25. April 1983 lud der »stern« in seinem Verlagshaus an der Warburgstrasse - das Haus wurde der Affenfelsen genannt - zu einer internationalen Pressekonferenz ein. An der nahmen 27 Fernsehteams und 200 Journalisten - auch ich war dabei - teil. Es wurde eine tumultartige Pressekonferenz, der »stern«-Reporter Gerd Heidemann ließ sich mit den Tagebüchern in den Händen fotografieren. Am 28. April 1983 begann das Magazin mit der Serie: »Hitlers Tagebücher«, die Auflage war um 400 000 Exemplare auf 2,2 Million erhöht worden. Auch der Preis des Magazins erhöhte sich um 50 Pfennige auf 3,50 DM. Der Chefredakteur Peter Koch schrieb im »stern«: »Die Geschichte des Dritten Reiches muss teilweise umgeschrieben werden.«

Bereits kurze Zeit später stellte sich die Fälschung der Hitler-Tagebücher von Konrad Kujau heraus. Vor Gericht gab es Jahre später ein Nachspiel. Am 8 Juli 1985 wurde Kujau wegen Betrugs und Tateinheit mit Urkundenfälschung zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Bei Heidemann stellte das Gericht fest, dass er einen Betrag in Millionenhöhe nicht an Kujau zahlte, sondern unterschlug, dafür wurde er zu vier Jahren und acht Monate Haft verurteilt. - Der krude Wunsch des »stern«, die jüngste Geschichte mit »erfundenen Tagebüchern« brachte das Magazin zu Fall, die Auflage ging zurück.

Seit 1998 ist die Auflage des »stern« um rund 66 Prozent gesunken, hatte er doch einmal 1967 eine Auflage von 1,9 Millionen Exemplaren. Auch »Der Spiegel« hat mit seiner Auflage zu kämpfen, auch die sinkt. Unverständlich, dass die Funke-Medien-Gruppe - bis auf BILD und Auto-Bild – die Printmedien des Axel-Cäsar-Springer-Verlags gekauft hat. Das Springer-Verlagsgebäude in Hamburg hat die Hansestadt gekauft, hier befindet sich das Bezirksamt Hamburg-Mitte mit all seinen Abteilungen.

Für seine Titel stern, Capital und Business hat Gruner + Jahr in Berlin das Hauptstadtbüro gegründet, das am 1. März 2021 mit 35 Journalisten die Arbeit aufnimmt. Für das Magazin »stern« heißt das, der Arbeitsplatz der 17 Redakteure der Redaktion »Politik und Wirtschaft« in Hamburg wird aufgelöst.

Der Verlag Gruner und Jahr verkauft den Zusammenschluss der Redaktionen in Berlin in Pressemitteilungen als großen Wurf. Die Journalistenverbände haben ihre Zweifel. Nur der Prof. Dr. Frank Lobigs zollte Gruner + Jahr im Deutschlandfunk Beifall. - Durch den Verkauf hat das Gruner + Jahr Haus am Baumwall bereits den Eigentümer gewechselt. Die Hansestadt Hamburg wollte das Verlagshaus kaufen, dann bot ein neuer Käufer ein vielfaches mehr, Hamburg schied somit als Käufer aus.
khw

Heidemann bei der Vorstellung seiner
»original« AH-Tagebücher, mit ´nem »original« Schatten, links


Enlich auch mal Schnee an der Elbe


Schnee und blauer Himmel