16.10.2020
Ernst Barlach Haus:
KANZLERS KUNST – Die Sammlung Helmut und Loki Schmidt



Umgezogen ist die Kunst aus dem Wohnhaus der Schmidts im Hamburger Stadtteil Langenhorn ins Ernst Barlach Haus im Jenisch Park im Westen der Stadt. Etwa 150 Werke und Objekte sind jetzt im Ernst Barlach Haus zu sehen, die private Kunstsammlung der Schmidts wird so museal.

Unter den Exponaten sind Grafiken, Gemälde und Skulpturen unbekannter aber auch berühmter Künstlerinnen so Paula Modersohn-Becker und Käthe Kollwitz. In dem Reigen mit dabei Otto Dix, Ernst Barlach und Emil Nolde. Kunstsammeln war die große Passion von Loki und Helmut Schmidt. Nur die Emil Nolde Kunst wird heute anders gedeutet und bewertet. Seit 1968 verkündet Helmut Schmidt immer wieder, dass seine frühe Liebe zur Kunst angelegt wurde durch die Kunsterziehung der Lichtwarkschule in Hamburg, ihn in jungen Jahren wie eine »Schutzimpfung« davor bewahrt hat, ein Nationalsozialist zu werden. Das schreibt Bernhard Fulda in seinem Beitrag »Helmut Schmidt und Emil Nolde: ein autobiografischer Pas de deux« in dem Katalog »KANZLERS KUNST - Die private Sammlung von Helmut und Loki Schmidt« veröffentlich im Dölling und Galitz Verlag. Dazu und in blau abgesetzt steht das Helmut Schmidt Zitat: »Nolde ist für mich die absolute Krone. Nolde und dann Kirchner«.

Emil Nolde war einer der führenden Maler des Expressionismus. Obwohl von den Nazis als »entarteter Künstler« verfemt, Teil der gleichnamigen Ausstellung war Emil Nolde ein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus, war Rassist und Antisemit. Die Verfolgung im Rahmen der NS-Kunstpolitik bedeutete nicht das Ende Noldes Karriere als Künstler. Seine beschlagnahmten Arbeiten erhielt er nach Einsprache zurück. Dabei half auch die dänische Staatsbürgerschaft seiner Ehefrau Ada. Somit bedeutete für Nolde das Jahr 1937 auch finanziell keine Zäsur. Am 2. Juli 1938 schrieb er einen Brief an Goebbels, er sehe sich »als fast einziger deutscher Künstler im offenen Kampf gegen die Überfremdung der deutschen Kunst«. War es Futterneid, das Emil Nolde bereits im Mai 1933 Max Pechstein allein wegen dessen Namen bei einem Beamten des Propagandaministeriums als vermeindlichen „Juden“ denunzierte? Sicherlich war Nolde auch ein Opfer der NS-Kunstpolitik. Dabei sind zahlreiche seiner Arbeiten von hoher Qualität, hängen völlig zu Recht in den Museen. Mit diesem Widerspruch – zur Person und Kunst von Emil Nolde - damit muss die Kunstwelt leben, nur verschwiegen darf diese Geschichte nicht. Der Band »KANZLERS KUNST- Die private Sammlung von Helmut und Loki Schmidt« dabei sehr hilfreich.

Von Ernst Barlach bis Heinrich Zille umfasst die Sammlung, auch Schmidts Wahl für die Sammlung Kanzlerbild Bernhard Heisig als Maler. Gewählt wurde als Porträtist Heisig da Schwerpunkt in seiner Kunst die Deutsche Geschichte ist. Trotzdem schlug die Schmidt-Entscheidung politisch hohe Wellen. Die Portraitsitzungen fanden im Abstand von einem Jahr zweimal im Leipziger Atelier von Bernhard Heisig in Leipzig statt.

Wie später, am 11. November 1986 im Gespräch zwischen Helmut Kohl, Helmut Schmidt und Bernhard Heisig durch das »heute-journal« wurde bekannt, malte Heisig sieben Portraits, davon wurden zwei sofort zerstört. Ein Bild wurde für die Portraitsammlung, damals noch in Bonn, ausgewählt. Heisig ist in der Sammlung mit mehreren Arbeiten, auch mit dem Portrait Loki Schmidt von Gudrun Brühne zu sehen, der Frau von Heisig. Die Helmut Schmidt Plastik von Rainer Fettig von 2006 steht als Ergänzung und Schluss der gemalten Portraits der Sammler.
khw


KANZLERS KUNST
Die Sammlung Helmut und Loki Schmidt
Bis zum 31. Januar 2021
Ernst-Barlach-Haus im Jenisch-Park – 22609 Hamburg
Dienstag - Sonntag 11-18 Uhr

Empfehlenswert der Katalog »KANZLERS KUNST« vom Dölling und Galitz Verlag Hamburg - 216 Seiten zahlreiche farbige Abbildungen - 34,00 EUR

Helmut Schmidt von Rainer Fetting