13.10.2017
Hamburger Kunsthalle: Anita Rée - Retrospektive

5. Oktober 2017, Hamburger Wetter, Tag der Pressekonferenz zur Ausstellung «Anita Rée - Retrospektive» in der Kunsthalle. Es stürmt bereits, die Wassermassen strömen aus dem Himmel. Auch die Not der Obdachlosen wird bei der Kunsthalle sichtbar. Im Eingang zum Hubert-Wald-Forum liegen die Schlafmatten eines Wohnungslosen, für die kommende Nacht. Erst am Nachmittag werden wir es wissen, das „Xavier“ in ganz Norddeutschland, von Schleswig-Holstein bis Berlin, den Bahnverkehr der DB zum Erliegen bringt.

Bereits 1987 gab es im Ernst Barlach Haus eine von Andrea Heesmann kuratierte Ausstellung «Anita Rée – Leben einer Hamburger Malerin, 1885 - 1933» vom 24. Februar bis 19. April 1987. Auf Grundlage des Werkkataloges von Maike Bruhns 60 Arbeiten – Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen – und 7 kunstgewerbliche Arbeiten. Zum großen Teil stammen die Exponate aus Hamburger Privatbesitz. Bereits ein Jahr zuvor war unter dem Titel «Anita Rée – Leben und Werk einer Hamburger Malerin – 1885 - 1933» die Promotion von Maike Bruhns zur Kunsthistorikerin im Verlag «Verein für Hamburgische Geschichte» erschienen. Bis heute ist der Band ein Standartwerk über Anita Rée, das auch das erste mit einem Werkverzeichnis enthält.

Die Ausstellung «Anita Rée – Retrospektive », die die Kunsthalle bis zum Februar zeigt, kuratiert von Dr. K. Schick, umfasst rund 200 Gemälde, Arbeiten auf Papier und gestaltete Objekte vermitteln dem Besucher die Bandbreite eines facettenreichen und bedeutenden Œuvres der Hamburger Künstlerin. Bereits sehr früh ab 1915 erwarb die Kunsthalle der Stadt Arbeiten der Künstlerin.

Von 1905 bis 1910 nahm Anita Rée Malunterricht bei Arthur Siebelist in Hittfeld. Im Winter 1912/13 bildet sich die Künstlerin in Paris weiter. In den Jahren von 1922 bis 1925 lebt und arbeitet sie in Positano, einem Ort an der Amalfiküste in der italienischen Provinz Salerno. Nach der Rückkehr nach Hamburg brachten ihr die überregionale Anerkennung und zahlreiche Porträt- und öffentliche Aufträge. Auch konnte Anita Rée bedeutende Kontakte zur Kunstwelt knüpfen. Ihre letzten Jahre verbrachte sie zurückgezogen auf Sylt. Nach Braderup lebt sie ab November 1932 im Haus Ochel in Kampen. Was sie aus Hamburg vertrieb, war das Leiden einer unerwiderten Liebe für den Hamburger Kaufmann Carl Vorwerk aus Nienstedten. Da er die Veränderungen in Deutschland kommen sah, wanderte Vorwerk 1932 nach Santiago de Chile aus, da er nicht in einem NS-Staat leben wollte. Am 12. Dezember 1933 nahm Anita Rée sich mit Veronal das Leben.

Mehr als daneben liegt «DER SPIEGEL» mit seiner Kritik im Heft 41/2017 auf Seite 126: «Erst jetzt, 84 Jahre nach ihrem Tod, darf sie, die gebürtige Hamburgerin, dem Publikum in einer beeindruckenden Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle wieder begegnen.» Konnte die Dokumentation die Ausstellung von 1987 im Ernst Barlach Haus im Jenisch-Park nicht finden? Auch später gab es weitere Ausstellungen mit Arbeiten von Anita Rée in der Hansestadt Hamburg.

Das Mehr an Exponaten in der Ausstellung der Hamburger Kunsthalle ist auch dem interdisziplinären Forschungsprojekt zu verdanken. Systematisch werden von Hamburg in bundesdeutschen und europäischen Archiven nach Spuren von Anita Rée gesucht. Zum Ende der Ausstellung, 4. Februar 2018, erscheint das neue Werkverzeichnis, das von Frau Dr. Meike Bruhns und der Hamburger Kunsthalle erarbeitet wurde.
khw


Hamburger Kunsthalle: Anita Rée – Retrospektive
Glockengießerwall 5 - 20095 Hamburg

bis zum 4. Februar 2018

Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 10-18 Uhr, Donnerstag 10-21 Uhr

Der umfangreiche Katalog kostet im Museumsshop 29,00 EUR