29.03.2021
WILLEM BRULS: VENEDIG UND DIE OPER – Auf den Spuren von Vivaldi, Verdi und Wagner

Der Autor Willem Bruls, Jahrgang 1963, beendete1990 an der Freien Universität Amsterdam sein Studium der Literatur, Musik und Kunstgeschichte, arbeitet als Autor und Dramaturg. Er schrieb mehrere Bücher, insbesondere eine Studie über Wagners Ringzyklus und über Orientalismus in der Oper. Als Dramaturg arbeitet er für die Oper in Lille/Frankreich, gab Workshops in Barcelona, Stavanger, Gent und Aix-en-Provence. Für den Niederländischen Kunstrat ist er Berater für darstellende Kunst. Als Musikjournalist schreibt er Essays für Zeitungen wie »Opernwelt«, »De Standaard« in Belgien und »The Wall Street Journal«.

Im Vorwort schreibt Willem Bruls: »„Architektur ist gefrorene Musik“, sagte Goethe, der Venedig in seiner Italienische Reise beschrieb. Wer durch die Stadt flaniert oder fährt, kann diesen Gedanken gut nachempfinden. Auch für Menschen, die sich nicht für Musik oder Oper interessieren, ist die Stadt eine Symphonie aus Farben und Formen. Der Rhythmus der Fassaden, die wie Akkorde auf dem Wasser der Lagune treiben - alles ruft unweigerlich Klänge hervor. Das ist kein Zufall. Renaissance-Architekten studierten Abhandlungen über musikalische Harmonie. Diese spiegelte die kosmische Ordnung wider: Indem man nach harmonischen Gesetzen, Proportionen und dem Goldenen Schnitt, einem idealen Teilungsverhältnis zweier Größen zueinander, plante und bautWer sich hingegen für Musik und Oper begeistert, wird verstehen, warum die Steine so sind, wie sie sind. Das natursteinerne Filigran der gotischen Paläste erscheint wie ein Echo der spätmittelalterlichen Polyphonie der Basilica di San Marco, des Markusdoms. Die Renaissance- und Barockfassaden - die nach Ansicht von John Ruskin den mittelalterlichen Rhythmus in brutalere, konnte man die himmlischen Sphären in Stein und Stuck heraufbeschwören.

Wer sich hingegen für Musik und Oper begeistert, wird verstehen, warum die Steine so sind, wie sie sind. Das natursteinerne Filigran der gotischen Paläste erscheint wie ein Echo der spätmittelalterlichen Polyphonie der Basilica di San Marco, des Markusdoms.
Die Renaissance- und Barockfassaden - die nach Ansicht von John Ruskin den mittelalterlichen Rhythmus in brutaler Weise durchbrachen - entsprechen den klaren Linien der Kompositionen Claudio Monteverdis und dem religiösen Ernst Benedetto Marcellos, wohingegen die flatterhaften Stuckinterieurs des 18. Jahrhunderts den mäandernden Melodien Antonio Vivaldis zu folgen scheinen.«

In seinem Band unternimmt der Autor einen Spaziergang durch vier Jahrhunderte Operngeschichte. Besucht für den Leser Orte, an denen die Komponisten lebten und arbeiteten, führt zu Orten an denen sich Theater befanden, wo Akteure der Musikkultur sich inspirierten. Ebenso forscht er nach Spuren und Erinnerungen in Bibliotheken. Seine Spurensuche führt zum »Teatro La Fenice«, dem jüdischen Getto und dem Friedhof San Michele. Für Willem Bruls ist Venedig Oper.

Es sind 12 Kapitel, von »Aufstehen im Morgenlicht« bis »Klang und Raum bei Luigi Nono« die der Spaziergang den Leser führt. Allein in zwölf Sendungen hat Willem Bruls mit Chazia Mourali 2018 im Rundfunk der Niederlande VRPO die Lagunenstadt und den kulturellen Kontext beleuchtet. Lesenswert.
khw


WILLEM BRULS: VENEDIG UND DIE OPER
Auf den Spuren von Vivaldi, Verdi und Wagner

Henschel Verlag in der E. A. Seemann GmbH & Co. KG
Leipzig 2021
264 Seiten - zahlreiche sw-Fotos - 20,00 EUR