01.03.2021
PETER MERSEBURGER: AUFBRUCH INS UNGEWISSEErinnerungen eines politischen Zeitgenossen

Der Journalist und Autor Peter Merseburg wurde am 9. Mai 1928 in Zeitz geboren, studierte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Phillips-Universität Marburg Germanistik, Geschichte und Soziologie. Er arbeitete als Korrespondent und Redakteur bei Der Spiegel. Von Januar 1967 bis April 1975 leitete er beim NDR das Fernsehmagazin Panorama, war auch der Moderator der Sendung, ab 1968 auch Chefredakteur und Leiter der Hauptabteilung Zeitgeschehen des NDR. Ab 1977 Korrespondent in Washington D.C., Berlin DDR und London. Lebt heute als freier Schriftsteller in Berlin und Südfrankreich.
Nun hat Peter Merseburger im Alter von über 90 Jahren seine Erinnerungen geschrieben, die im Frühjahr 2021 veröffentlicht sind. Eine spannende Lebensgeschichte, die er mitteilt. Über seinen Geburtsort Zeitz schreibt: »Zeitz, im südlichen Zipfel Sachsen-Anhalt, einem der ärmsten Bundesländer, kämpft heute mit den Folgen der Deindustrialisierung nach der Wende, mit Abwanderung, Arbeitslosigkeit und traurigem Verfall seiner Altstadt. Das Zeitz meiner Jungend dagegen war eine mittlere Industriestadt mit 35 000 Einwohnern, weithin bekannt als Geburtsstätte des Kinderwagens, der dort von einem Stellmacher namens Ernst Albert Naether erstmals gebaut, weiterentwickelt und, von seinen Söhnen zum Exportschlager gemacht, in alle Welt verkauft worden war.« Auch erinnert er sich an Auseinandersetzungen der Parteien. Das war noch vor 1933, da gab es eine Prügelei zwischen verschiedene Gruppen. Das sah seine Mutter mit Peter, dem Sohn an der Hand, wählte einen anderen Weg in die Stadt. So beginnen Peter Merseburger Erinnerungen eines politischen Zeitgenossen. Für mich ist sein „Aufbruch ins Ungewisse“ auch erlebte Geschichte mitteilt werden kann, auch von einem ehemaligen Wahlkämpfer für Jacob Kaiser von der CDU, das in der sowjetischen besetzten Zone. Der Übergang im Studium in Halle-Wittenberg mit Wechsel von Ost nach West zum nun Studieren im Hessischen Marburg und Mitglied des »Sozialistischen Studentenbundes« (SDS). Bis zum Journalisten ist es ein steiniger Weg. Merseburger arbeitet im hessischen Korbach, 20 Kilometer von Arolsen entfernt, dem markanten Pilgerort für SS-Veteranen, auch die SS-Panzerdivision »Totenkopf« tagt hier, für die amerikanische Besatzungsbehörde »High Commission for Germany« (HICOG). Bei der »Hannoverschen Presse«, der auflagenstärksten Tageszeitung wird er 1953 Volontär in der Lokalredaktion. Nach seinen Lehrjahren Wechsel 1957 zur »Neue Ruhr Zeitung« (NRZ) nach Essen als Redakteur für Innenpolitik. Es folgt als Arbeitgeber Der Spiegel und ab 1. April 1965 NDR. Beim Mauerbau am 13. August 1961 ist leitet er für Augstein das Büro in Berlin. Ende 1975 gibt Merseburger, er ist 51 Jahr alt, die Leitung und Moderation von »Panorama« ab. Er wird Korrespondent in Washington D.C., Berlin DDR als letzte Station London.

Angereichert hat Peter Merseburger seine Erinnerungen an Zeitungen und Magazine, bringt Hinweise auf Nazis und SS-Größen, die nach 1945 Unterschlupf und Arbeit bei Zeitungen und Magazinen fanden. Thema in seinem Buch ist auch der CDU Ministerpräsident von Baden-Württemberg Hans Filbinger, der behauptet im Krieg als Marinerichter keine Todesurteile beantragt und gefällt zu haben. In den erhaltenen Strafverfahrenslisten war er an mindestens 234 Marinestrafverfahren beteiligt, davon 169-mal als Vorsitzender Richter und 63-mal als Ankläger. In vier Fällen ging es um Todesstrafen, die Filbinger je zweimal beantragt hat oder gefällt hat.

Empfehlenswert.
khw


PETER MERSEBURGER: AUFBRUCH INS UNGEWISSE
Erinnerungen eines politischen Zeitgenossen

Deutsche Verlagsanstalt in der
Penguin Random House Verlagsgruppe, München 2021
462 Seiten – zahlreiche Fotos – 26,00 EUR