08.03.2021
Thomas Galli: Weggesperrt – Warum Gefängnisse niemanden nützen

Thomas Galli, 1973 geboren, ist ein Jurist und Autor. Er studierte Rechtswissenschaft, Psychologie und Kriminologie, war ab 2001 im Strafvollzug tätig in der Justizvollzuganstalt Straubing. Die Leitung der Strafvollzugsanstalt Zeithain übernahm er 2013, 2015 zusätzlich für 6 Monate die Justizvollzugsanstalt Torgau.
Seit Oktober 2016 tätig als Rechtanwalt in einer Kanzlei in Augsburg.

Thomas Galli hatte zunehmend Zweifel an dem derzeitigen Strafvollzug, legte darum seine Leitungstätigkeiten 2016 nieder und begründete diesen Schritt mit: »Ich möchte niemand sein, der für Gefängnisse plädiert, der selbst ein Gefängnis leitet.« Mit seinem Buch »Weggesperrt« hat der ehemalige Gefängnisdirektor nicht nur ein lesbares auch revolutionäres Sachbuch vorgelegt. Über seine erste Stelle in der Justizvollzugsanstalt Amberg schreibt er: »Dort war ich zuständig für etwa 200 Inhaftierte des sogenannten Hauptbaus, in dem die Gefangenen vor allem in 8-Mann-Hafträumen untergebracht waren. Der Dienstag und Donnerstag jeder Woche war für Disziplinarverfahren reserviert. Ein Großteil der Gefangenen hatte ein Drogenproblem und die Anstalt war ein riesiger Umschlagplatz für Rauschmittel. Die Insassen konsumierten fleißig vor allem Cannabis und Heroin und wir disziplinierten sie dafür. Für Heroin gab es Arrest. Das bedeutete bis zu vier Wochen Isolation in einem winzigen Raum, in dem sich nur ein Bett und eine Bibel befanden. Wer das überstanden hatte, musste sich erst einmal wieder ein Schuss setzen oder einen Joint rauchen.«

Für Galli ist der Arrest eine archaische und keine zu rechtfertigen Behandlung von Menschen. Das insbesondere von Suchtkranken, die es nicht in der Hand haben, ob sie Drogen konsumieren oder auch nicht. Dass so ein Mensch sich bessert war für Thomas Galli nicht erkennbar.

In 14 Kapitel, von »Warum strafen wir?« bis »Die schwersten Fälle« ist ein Plädoyer für Veränderungen im Strafvollzug. Sein Vorschlag die Ersatzfreiheitstrafe wegfallen zu lassen, stattdessen sie zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. Den wegen Vermögensdelikten zu Haftstrafen verurteilt sollte die Möglichkeit gegeben werden, durch eine reguläre Beschäftigung außerhalb des Gefängnisses die Schulden abzubezahlen. Auch schlägt Thomas Galli ein Modell vor, bei dem der »Täter-Opfer-Ausgleich« im Mittelpunkt steht.

Mit seinem Buch zwingt Thomas Galli uns zu einem Perspektivwechsel. Damit gibt der Autor Hinweise, wie das Strafrecht geändert werden kann, um in einer Welt mit mehr Gerechtigkeit und Sicherheit zu leben.
Lesenswert.
khw


Thomas Galli: Weggesperrt
Warum Gefängnisse niemandem nützen

Edition Körber, Hamburg 2020
304 Seiten – 18,00 EUR