28.01.2021
THOMAS MEDICUS: HEINRICH UND GÖTZ GEORGE – ZWEI LEBEN

Der Autor der Biografie von »Heinrich und Götz George – Zwei Leben« schrieb u.a. für die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« und war stellvertretender Feuilletonchef der »Frankfurter Rundschau«, arbeitet auch für das Hamburger Institut für Sozialforschung, 1984 gegründet von Jan Philipp Reemtsma, der ein Buch über seine Familie, die Reemtsmas, schreiben wollte. Der Band zu Familiengeschichte der Reemtsmas ist bis heute nicht erschienen. Heute lebt der Autor der George-Biografien Thomas Medicus als freier Publizist in Berlin.

Im Klappentext heißt es: »Selten war ein Verhältnis vom Vater und Sohn so innig und so komplex - obwohl sich die Lebenszeiten beider kaum überschnitt: Heinrich George herrschte seit den 20er Jahren als Berliner Theaterkönig.« Er spielte unter Erwin Piscator und Bertolt Brecht. Auch in dem monumentalen Stummfilm »Metropolis« des Expressionismus von Fritz Lang, der nach dem Roman »Metropolis« von Thea von Harbou gedreht wurde. Das Thema ist eine futuristische Großstadt mit einer ausgeprägten Zweiklassengesellschaft. Für den Film wurden, so die Ufa-Pressestelle mehr als 600 Kilometer Film belichtet. Am 10. Januar 1927 war die Premiere des Films, die zweieinhalb Stunden der ersten Fassung hatte weder bei den Filmkritikern noch Publikum keinen Erfolg.

Der Film »Berlin Alexanderplatz« wurde 1931 vom Regisseur und Kameramann Piel Jutzi gedreht, basiert auf dem 1929 erschienenen gleichnamigen Roman von Alfred Döblin. Heinrich George spielte in diesem Film die Titelrolle des Franz Biberkopf. Die Premiere des Films war am 8. Oktober 1931 im Berliner »Capitol am Zoo«. Die zeitgenössische Rezeption war zurückhaltend. Herbert Ihering nannte die schauspielerische Leistung von Heinrich George »herausragend«.

In der Weimarer Republik engagierte sich Heinrich George in der Kommunistischen Partei, wurde nach der Hitlers Machtergreifung Anfang 1933 zunächst vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Bereits kurze Zeit später arrangierte er sich mit dem NS-Regime, übernahm bis zum Untergang des »III. Reichs« aktiv diverse Rollen in NS-Propagandafilmen. Der erste war 1933 »Hitlerjunge Quex«, 1940 war es der antisemitische Propagandafilm »Jud Süß«. Auch im Durchhaltefilm von Veit Harlan »Kolberg« spielte Heinrich George mit. Der Historienfilm, unter Aufsicht des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels produziert, nimmt Bezug auf die Belagerung Kolbergs im Jahr 1807 und die Auflehnung gegen einen übermächtigen Feind. Der Film sollte den Durchhaltewillen der Deutschen stärken. Gedreht wurde vom Oktober 1943 bis August 1944 in Babelsberg, die Außenaufnahmen entstanden in Kolberg, Königsberg und Berlin. Uraufgeführt wurde der Durchhaltefilm zeitgleich am 30. Januar 1945 in dem eingeschlossenen U-Boothafen La Rochelle in Frankreich und im Tauentzienpalast in Berlin. Eine Filmkopie wurde über das von der sowjetischen Armee eingeschlossene »Kolberg« mit einem Fallschirm abgeworfen. Nach der bedingungslosen Kapitulation vom 8. Mai 1945 war der Film »Kolberg« in allen vier Besatzungszonen verboten.

Chronologisch ist die Akte Heinrich George geordnet, sie enthält fünf undatierte Anzeigen: »Noch 14 Tage bevor uns die Rote Armee vom Nazi-Joch befreite, stellte er sich der NSDAP zur Verfügung und versuchte, die Berliner in Form eines Aufrufs in der Berliner Presse noch zum aktiven Widerstand aufzuwiegeln.«

Ab dem 14. Mai 1945 wurde George mehrmals verhaftet. Am 28. Juli 1945 ordnete Bibler, Offizier der Roten Armee erneut seine Verhaftung an, wurde in das ehemalige KZ Sachsenhausen - nun sowjetisches Speziallager No.: 7 - eingewiesen, wo Heinrich George am 25. September 1946 an den Folgen einer Blinddarmoperation starb. Sein Grab auf dem Friedhof Berlin-Zehlendorf wurde auf Beschluss der CDU-Regierung 1995 zum »Ehrengrab des Landes Berlin«. Heinrich Georges Mitmachen bei den Nazis damit vergessen?

Der Sohn Götz war acht Jahre alt, als sein Vater starb, wurde auch Schauspieler. Beschäftigte sich Zeitlebens mit seinem politisch widersprüchlichen Vater. Götz George, am 23. Juli 1938 in Berlin geboren, starb am 19. Juni 2016 in Hamburg, folgte nicht seinem Vater. Er erlangte große Popularität in der unkonventionellen Darstellung des Duisburger Hauptkommissar Horst Schimanski. Er trat als Schauspieler in der satirischen Komödie »Schtonk!« auf. Hier ging es um die sogenannten Hitler-Tagebücher mit dem das Magazin »stern« die jüngste Geschichte umschreiben wollte, was voll daneben ging. Für 9,2 Millionen D-Mark wurden 62 Tagebücher erworben. Bereits wenige Tage nach ihrer Präsentation stellten sich die Bücher als Erfindung und Fälschung heraus. Es war die Fleißarbeit von Konrad Kujau, vermittelt vom Stern-Reporter Gerd Heidemann an Chefredaktion der G+J Magazin, der ein Anhänger von Gegenständen aus dem Besitz von Hermann Göring war. Mit den Kauf der »Hitler-Tagebücher« begann der Abstieg des Magazins »stern«.

Für seine Arbeit als Schauspieler wurde Götz George mit der Goldenen Kamera, dem Grimme-Preis, dem Deutschen Schauspielerpreis und dem Filmband im Gold des Deutschen Filmpreis. Lesenswert.
khw


THOMAS MEDICUS:
HEINRICH UND GÖTZ GEORGE – ZWEI LEBEN

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