17.09.2020
Eliot Weinberger: Neulich in Amerika

Der US-amerikanische Schriftsteller, Essayist und Übersetzer wurde am 6. Februar 1949 in New York City geboren. Im deutschen Sprachraum wurde er einem breiten Publikum bekannt durch »world wide reading« des Internationalen Literaturfestivals Berlin, bei dem sein Werk »Was ich hörte vom Irak« auf dem Programm stand. Weinberger übersetzte den mexikanischen Nobelpreisträger für Literatur Octavio Paz und den Chilenen Vicente Garcia-Huibodo Fernández ins Englische, wurde ausgezeichnet mit dem P.E.N./Kolovakos Adward und mit dem mexikanischen Orden vom Aztekischen Adler.

Der Essayist Eliot Weinberger demontiert brillant in seinem neuen Buch »Neulich in Amerika« die republikanischen Jahre von Georg W. Bush und von Donald Trump. Er ist einer der letzten Linken in den USA, der sagt, was ist, das auch kritisch. Mit der Redewendung »hörte ich« leitet er jede seiner Bemerkungen seiner Irak-Chronik ein. Zu erwähnen ist, das es sich nicht um einen empörten Leitartikel handelt, sondern eine Form mit Sprache wie in einer Collage umzugehen. Sein Vorbild mag hier wohl Karl Kraus sein, der ähnlich mit Sprache so umging. Dazu gehört auch die Verlautbarung vom stellvertretenden Verteidigungsminister unter Georg W. Bush, Paul Wolfowitz, zum Besitz des Irak an Massenvernichtungswaffen, das den Einmarscherlaubte. Nur dies entsprach nicht der Wirklichkeit, es war frei erfunden.

Den zweiten Teil des Buches ist der Trump-Administration gewidmet. Für Weinberger ein erschütterndes Desaster, auch moralisch. Allein seine Aussagen zur Corona-Pandemie. Seinen Wählern empfiehlt er zur Behandlung die Injektion mit Bleichmitteln. Das kommt einer Provokation gleich. In dem Interview, das Bob Woodward mit Donald Trump im März 2020 führte, habe der 45. US-Präsident die Gefahr heruntergespielt. da er über die Gefährlichkeit von Corona wusste, aber verschwiegen hat, damit keine Panik entsteht. Am 9. September 2020 sagte Trump auf eine entsprechende Frage eines Reporters: »Ich habe nicht gelogen, ich habe gesagt, wir müssen ruhig bleiben, wir dürfen nicht in Panik geraten.« Der US-Präsident weiter, die Frage sei »eine Schande«.

Ein Buch, das bei der Sprache der Demagogen - auch wenn sie US-Präsidenten waren oder sind - ansetzt und entlarvt.
khw


Eliot Weinberger: Neulich in Amerika
Aus dem Englischen von
Beatrice Weinberger, Eike Schönfeld u. Peter Torberg

Berenberg Verlag, Berlin 2020
272 Seiten - Borschur - 16,00 EUR