28.09.2020
Hilmar Klute: OBERKAMPF – Roman

Der Autor Hilmar Klute, 1967 in Bochum geboren, schreibt seit 2009 für die Süddeutsche Zeitung.

Nach seiner Biografie über Joachim Ringelnatz, dem Roman »Was dann nachher so schön fliegt« ist »Oberkampf« sein dritter Roman der im Berliner Verlag Galiani erscheint.

Zur Metrostation OBERKAMPF, die dem Roman von Hilmar Kute als Titel und ein Bild auf dem Buch zeigt, ist eine Umsteigestation im 11. Arrodissements von Paris. Den Namen gab der Tuchfabrikant und Textildrucker Christophe-Phillipe Oberkampf. Obwohl Protestant und gebürtiger Deutscher, wurde er trotzdem 1770 französischer Bürger, geboren 1738 – starb 1815 in Paris.

Jonas Becker zieht nach Paris, will hier endlich den Traum vom Leben als freien Schriftstellers verwirklichen. Er will über ein Buch über den bohèmienhaften Schriftsteller Richard Stein schreiben. Die Miete in der Rue Oberkampf zahlt der Verlag. Doch es kommt alles anders. Der islamistisch motivierte Terroranschlag am 7. Januar 2015 auf die Redaktion der Satirezeitschrift »Charlie Hebdo« verändert die Atmosphäre von Paris. Elf Personen, darunter auch ein Polizist der zum Schutz in der Redaktion war, wurden getötet. Hilmar Klulte schreibt: »Sie kamen am Boulevard Richard-Lenoir heraus, auf dem sich ebenfalls Menschentrauben gebildet hatten, Polizisten auf und ab marschierten wie Gardesoldaten, die Waffen präsentierten sie wie Versicherungen, dass niemandem mehr etwas geschehen könne hier. Hinter dem kleinen umzäunten, lang hingestreckten Square standen auffällig viele Menschen herum und sahen zu Boden. Jonas bat Christine, mit ihm zusammen nachzusehen, das ganze Viertel, womöglich die ganze Stadt, war ein Freilichtmuseum der Gewalt geworden.

Sie standen vor der Stelle, wo die Mörder einen Polizisten erschossen hatten. Der Mann war selbst Muslim gewesen, er hatte versucht, die Killer zu stellen, sie jagten ihm ein paar Kugeln in den Leib. Als er verletzt hier auf dem Boden lag, kamen sie zurück. Jonas stellte sich vor, wie sie langsam, mit dem Pathos der Todesengel, denen die verrinnende Zeit gleichgültig ist, zurückgingen und sich, mag sein lachend, vielleicht auch mit dem Ernst der Vollstrecker, vor ihm hinstellten, und einer der zwei Brüder schoss ihm aus nächster Nähe in den Kopf. Jonas sah noch einmal auf die Blumen und dann auf die beschriebenen Zettel, in denen das rührende Wagnis unternommen wurde, Worte für das zu finden, was hier geschehen war.«

Der Autor Hilmar Klute kann so nah über den Schauplatz und dem Viertel „Oberkampf“ schreiben, denn er hat hier selbst mit seiner Familie gewohnt.

Ein Buch über einen Schriftsteller und das Attentat auf Charlie Hebdo. Jetzt darf man auch wieder im November zum Konzert, auch ein Heavy-Metal Konzert im Bataclan am Boulevard Voltaire in Paris gehen.
khw


HILMAR KLUTE: OBERKAMPF – ROMAN

Verlag Caliani, Berli 2020
313 Seiten -22,00 EUR