27.09.2020
Die Kunst im Gewandhaus – Ein Gesamtkunstwerk aus Form, Farbe und Klang

Sigrid Hofer - Professorin für Kunstgeschichte an der Uni Marburg und Gründerin des Arbeitskreises »Kunst in der DDR« - schreibt: »Mit der Eröffnung des Neuen Gewandhaus in Leipzig weihte die DDR am 8. Oktober 1981 ihren ersten Konzertneubau ein. Ludwig van Beethovens neunte Sinfonie und Siegfried Thieles Gesänge an die Sonne erklangen und nobilitierten das das weltberühmte Gewandhausorchester sowie seine über zweihundertjährige Geschichte. Nachdem dessen Konzertspielstätte im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, musste es sich provisorisch mit der Kongresshalle begnügen, bis die SED schließlich die Errichtung eines neuen Domizils zur »gesellschaftlichen Aufgabenstellung« erklärte.

Die Architektur, so schrieb Günter Meißner in der Zeitschrift »Bildende Kunst«, galt in ihrer avantgardistischen Form als richtungsweisend, die auch den Vergleich mit entsprechenden Häusern in Rotterdam, London oder Berlin-West aufnehmen kann.

Entwurf und Projekt des Neuen Gewandhaus stammen vom Chefarchitekten Rudolf Skoda gemeinsam mit Erich Göschel, Volker Sieg und Winfried Sziegoleit, basiert auf der von Horst Siegel gemeinsam mit Rudolf Skoda erarbeiteten städtebaulichen Konzeption aus den Jahren 1975/76.

Dass das Gewandhaus neben der Musik auch zur Galerie von bildender Kunst wurde, ist das der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB), die den Begriff »Leipziger Schule« prägte, hatte keine Ausstellungsräume, zu danken. So kam das Gewandhaus zu einer Bildergalerie. Für das Foyer des Konzerthauses malte Sighard Gille von 1980/1981 das Deckengemälde »Gesang vom Leben«. Mit seinen 712 qm ist es das Größte in Europa. Unsichtbar für den Konzertbesucher der Wandfries Wolfgang Peuker, der sich hinter einer Holzverschalung befindet. Hinzu kommen einundzwanzig Tafelbilder, zum überwiegenden Teil von Leipziger Künstlern, entweder aus dem Atelier angekauft und neu geschaffen.

Die Bilder präsentieren den Hochschulstandort Leipzig als Malerei, sind auch ein Beleg dafür, wie der Sozialistische Realismus interpretiert wird.Die zwei Arbeiten von Nuria Quevedo setzen Hanns Eisler und der Emigration ein Denkmal. Wie Eisler so auch Quevedo, die als Tochter eines spanischen, republikanischen, dazu noch katalanischen Emigranten 1952 in die DDR kam. Das Thema Exil und die damit verbundenen Gefühle sind ihre Haupthemen. Mit ihren zwei Bildern erinnert sie an Hanns Eisler und seinem Thema »Vierzehn Arten den Regen zu beschreiben«.
Dazu dreiundzwanzig Plastiken, von Beethoven bis Bruckner, die dem Komponistengedenken gewidmet sind.
khw


Die Kunst im Gewandhaus
Ein Gesamtkunstwerk aus Form, Farbe und Klang
Vorwort von Dr. Knut Löschke
Die Bildenden Künste und die Musik.
Das Leipziger Gewandhaus im Spannungsfeld
zwischen Auftrag, Ausführung und Ankauf
von Sigrid Hofer

E.A. Seemann Verlag, Leipzig 2020
176 Seiten - 40,00 EUR