22.07.2020
Claudia Blank: REGIETHEATER - Eine deutsch-österreichische Geschichte

Die Theaterwissenschaftlerin Dr. Claudia Blank, sie leitet das Deutsche Theatermuseum in München, hat über das Regietheater ein Buch zur gleichnamigen Ausstellung geschrieben, die im Juli eröffnet wurde. Die Autorin hat bereits mehrere Publikationen mit dem Henschel Verlag realisiert, so »Vision und Tradition« und »Fast-Welten«, die 2018 erschienen. - Ewig ist der Streit zwischen Beharren und Erneuern im Theater, dazu hat Claudia Blank nun eine Arbeit vorgelegt. Zwei der großen Theaterleute, der Wiener Max Reinhardt und der Hamburger Otto Brahm, unterschiedlich in ihren Auffassungen von Theater, haben einmal das Theater bestimmt.

In der Einleitung schreibt die Autorin: »Regietheater ein Reizwort der deutschsprachigen Theatergeschichte. Es polarisiert seit über 100 Jahren die Menschen auf und hinter der Bühne, im Zuschauerraum wie in der Kritik. Die konservative Gruppe, die an Bewährtem festhalten will, führt die Werktreue im Munde, ein zentraler Begriff in der Diskussion darüber, was Regietheater darf und was nicht. - Der 1968er Generation, auf den deutschsprachigen Bühnen vertreten durch Persönlichkeiten wie Peter Zadek, Claus Peymann und Peter Stein, wird das Monopol des Regietheaters landläufig zugeschrieben, als sei es ihre Erfindung. Doch eine der heftigsten Diskussionen um dieses Thema entfachte sich bereits 1919 bei der Premiere von Friedrich von Schillers Wilhelm Teil in der Inszenierung von Leopold Jessner. - Kennzeichnend für das Regietheater ist, dass sich die künstlerische Arbeit des Regisseurs autonom zum Werk des Dramatikers verhält. Das Musiktheater ist hier ausgeklammert, da es eine andere, spätere Entwicklung genommen hat. Für das Sprechtheater bedeutet Regietheater, dass der Regisseur als eigenständiger Künstler dem Dichter gegenübertritt und in einen interpretierenden Dialog eintritt. Letzteres ist schon in Otto Brahms (1856-1912) engagierter dramaturgischer Arbeit mit seinen Hausautoren Gerhart Hauptmann und Arthur Schnitzler zu beobachten. Für die Arbeit des selbständig agierenden Regisseurs an dem dramatischen Text hat Peter Stein in seinem Nachruf auf Peter Zadek die folgende Formulierung gefunden: Er versuchte, den Text »... bei absoluter Akzeptierung der Autorschaft und sich selber absolut als Interpret verstehend, so weit zu dehnen, dass man im Text selber Lücken fand, um mit der eigenen Phantasie hineinzukommen. Aber eben immer mit Respekt vor dem Autor und dem Text.«

In dem Band sind auch Themen wie »Intention und Ästhetik«, »Laufbahnen«, »Vom Schauspieler zum Regisseur« bis zum »Inszenierungsstiel«.

Der Theaterkritiker und Autor C. Bernd Sucher schreibt in seinem Beitrag »Ein Nachwort in die Zukunft« u.a. »1994 war viel die Rede gewesen von ideologischen Konzepten, vom aufklärerischen Theater, das sich einmischen müsse in die politischen Vorgänge. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts standen nicht mehr politische Konzepte oder eine gesellschaftliche Utopie im Zentrum der Diskussion – schon gar nicht in den theatralen Arbeiten der Regisseurinnen und Regisseure. « Und stellt fest: »Gesellschaftlichen wurden misstraut.« Trotzdem gab es im deutschsprachigen Theater großartige Beiträge so von Leander Hausmann, Andreas Kriegenburg, Frank Casdorf und David Bösch.

Mit Beiträgen zu Otto Brahm, Max Reimnhardt, Leopold Jessner, Fritz Kortner, Gustav Gründgens, Peter Zadek, Peter Stein, Claus Peymann. Ein Beitrag zu Wolfgang Langhoff hätte dem Band gut angestanden. Informativ und die Aussagen werden mit Beispielen belegt. Empfehlenswert.
khw


Claudia Blank: Regietheater
Eine deutsch-österreichische Geschichte

Deutsches Theatermuseum München und dem Henschel Verlag
in der E.A. Seemann Henschel GmbH & Co. KG, Leipzig 2020
424 Seiten – sw.- u. Farbfotos - 38,00 EUR