13.03.2020
Alexander Kluy: Alfred Adler – DIE VERMESSUNG DER MENSCHLICHEN PSYCHE – BIOGRAPHIE

Der Autor Alexander Kluy, geboren 1966, lebt als Autor und Journalist in München. Regelmäßig schreibt er für die österreichische Tageszeitung «Der Standard», «Buchkultur» und «Psychologie Heute». Buchtitel von A. Kluy «Joachim Ringelnatz - Biografie», «Der Eifelturm - Geschichte und Geschichten» und in der DVA «Georg Grosz – König ohne Land. Biografie». Die Alfred Adler Biografie ist Kluys jüngste Arbeit.

Der Arzt und Psychotherapeut Alfred Adler wurde am 7. Februar 1870 in Rudolfsheim (heute in Wien eingemeindet) geboren, starb am 28.Mai 1937 in Aberdeen/ Schottland. Der in einer jüdischen Familie geborene Begründer der Individualpsychologie konvertierte im Jahr 1904 zum Protestantismus.

Während des Studiums traf er in einer sozialistischen Studentengruppe Raissa Timofejewna Epstein, eine Russin, die auch in Wien studierte, sie heirateten 1897 in Moskau. Aus dieser Ehe stammen die vier Kinder Valentina (1898-1942), Alexandra (1901-2001), Kurt und Cornelia.

Zunächst arbeitet er als Augenarzt im 9. Wiener Bezirk, später eröffnete Adler eine Praxis für Allgemeinmedizin in der Leopoldstadt, nahe dem Wiener Prater, eine Gegend, in der ein Teil seiner Patienten in ärmlichen Verhältnissen lebte. Das bestärkte ihn in seiner Ansicht über die Notwendigkeit der sozialmedizinischen Betreuung der Wiener Bevölkerung. Ab 1902 nahm Adler an den Diskussionsrunden der «Mittwochabendgesellschaft» von Sigmund Freud teil, entwickelte jedoch schon bald eine von Freuds Psychoanalyse abweichende, eigenständige Lehre. So sah er den Menschen nicht von Trieben bestimmt, sondern als freies Wesen, das die kulturellen Aufgaben lösen muss, die ihm das Leben stellt. Diese Gegensätze der Anschauungen führten 1911 zum Bruch mit Freud. In diesem Jahr ist seine Praxis im 1. Bezirk von Wien.

Nach dem Bruch mit Freud gründete Adler 1912 eine eigene Gesellschaft für freie Psychoanalyse, den «Verein für Freie Psychoanalytische Forschung», wird 1913 umbenannt in «Verein für Individualpsychologie». Seine Lehre bezeichnete er als Individualpsychologie, weil er in seiner Arztpraxis zu dem Schluss kam, dass jeder Patient als Unwiederholbar-Einmaliges, als Individuum und als Ganzheit körperlich zu behandeln und psychisch zu verstehen sei. Adler formulierte die Grundzüge seiner Lehre in seinem theoretischen Hauptwerk.

Der Erste Weltkrieg bringt eine Unterbrechung in der Entwicklung der Individualpsychologie, Adler arbeitete von 1914-1916 als Militärarzt in Krakau, Brünn und Wien. Die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen der die Blütezeit der „Individualpsychologie.“ In diesen Jahren entstehen psychoanalytisch orientierte Kindergärten für Arbeiterkinder. 1920 wird Adler Direktor der ersten Klinik für Kinderpsychologie in Wien und Dozent am Pädagogium der Stadt Wien. Seine Auffassungen werden in zahlreichen Vorträgen an Volkshochschulen erläutert, beeinflussen die Schulreform wie auch die städtische Kinder- und Jugendbetreuung im damaligen „Roten Wien“.

Ab 1926 besuchte Adler regelmäßig die USA, wo seine optimistische Lehre vom Menschen als sozialem Wesen außerordentliche Popularität erlangte. Vier Jahre später ist Adler einer der bekanntesten Psychologen in der westlichen Welt. An dem von Arthur Kronfeld in Berlin organisierten und zugleich letzten, 5. Internationalen Kongress für Individualpsychologie, über 2.000 Personen nehmen teil, ist auch Adler dabei.

Angesichts des Aufkommens vom Nationalsozialismus und Faschismus in Europa geht Alfred Adler 1934 in die USA, hatte seit 1926 eine Gastprofessur an der Columbia University und seit 1932 am Long Island College. 1935 erscheint auf englisch das «International Journal of Individual Psychology». Auf einer seiner Vortragsreisen nach Europa stirbt Adler am 28. Mai 1937 in Aberdeen, Schottland, im Alter von 67 Jahren an Herzversagen.

Alexander Kluy hat anhand von Archivfunden das Leben von Alfred Adler in einer lesenswerten Biografie aufgearbeitet, der immer im Schatten der Psychologen Sigmund Freund und C. G. Jung stand. Nicht Freund und Jung erfanden den Begriff «Minderwertigkeitskomplex» - es war Alfred Adler - das bedarf in einigen Veröffentlichungen der Korrektur.
khw


Alexander Kluy: Alfred Adler
DIE VERMESSUNG DER MENSCHLICHEN PSYCHE – BIOGRAPHIE

Deutsche Verlags-Anstalt in der Verlagsgruppe Random House, München 2019
429 Seiten - 28,00 EUR