06.09.2019
Christiane Neudecker: Der Gott der Stadt

Die Autorin Christiane Neudecker, am 26. März 1974 in Erlangen/Bayern geboren, arbeitet als Regisseurin und Schriftstellerin. An der «Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin» studierte sie von 1996 bis 2001 Regie. Im «bat studiotheater Berlin» wie am «Kleisttheater» in Frankfurt/Oder inszenierte sie. Seit 2001 ist Neudecker als Regisseurin beim Berliner Künstlernetzwerk «phase7 performing.arts», das multimediale Events für Wissenschaft und Kultur erfindet, tätig. Im Jahr 2004 konzipierte sie für das Forum Neues Musiktheater der Staatsoper Stuttgart die mediale Performance «delusions». Im Auftrag der Deutschen Oper Berlin das Libretto zu «Himmelsstreik - eine Einordnung». Neudeckers Kurzgeschichten wurden bereits an 1996 in Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Es sind abgründige Seelenzustände und Ängste, die sie kunstvoll in einer treffenden, knappen aber schmucklosen Sprache beschreibt.

Nun liegt ihr neuer Roman «Der Gott der Stadt» vor. Auf dem Klappentext lässt der Verlag schreiben: »Am Anfang steht der Tod. Jemand versinkt zwischen geborstenen Eisschollen im Wannsee und eine Leiche baumelt von der Decke eines Theaters. Die Todesfälle liegen Jahrzehnte auseinander, doch es ist der gleiche Todestag: der 16. Januar. 1912 ertrank Georg Heym beim Schlittschuhlaufen, 1995 werden an einer elitären Ost-Berliner Theaterschule die Novizen von ihrem Professor auf das verrätselte Faust-Fragment Heyms angesetzt. Immer tiefer verirren sich die Studenten in den Gedankenlabyrinthen des genialischen Dichters. Dann wird ein Toter auf der Probebühne der Schule gefunden. War es Mord, Selbstmord oder doch ein Teufelspakt?»

Georg Heym, der beim Schlittschuhlaufen ertrank, veröffentlichte 1911 das Gedicht «Die Stadt», das sich mit der Großstadt befasst, mit der aufkommenden Gefahr der Anonymität der Menschen. Es wird dem Expressionismus zugeordnet.

Im Prolog schreibt Christiane Neudecker: «Eine Blendung muss da über Havel und Wannsee geirrt haben, eine Blendung, die später das Unglück herbeirief. Völlig verrückt, dass man das heute noch immer herausfinden kann: der 16. Januar 1912 war ein Dienstag und ja, es war ein klarer und sonniger Tag.»

Es sind fast 670 Seiten, wo die Autorin in einer meisterlichen Atmosphäre ihren Roman erzählt. Er wurde gefördert vom Deutschen Literaturfond e.V., Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Else-Heilger-Fonds (ihre Mittel vergibt die Konrad-Adenauer-Stiftung) und das Spreewald-Literatur-Stipendium.
khw


Christiane Neudecker: Der Gott der Stadt

Luchterhand Literaturverlag in der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München 2019
669 Seiten - 24,00 EUR