24.06.2019
Cornelia Klauß / Ralf Schenk: Sie - Regisseurinnen der DEFA und ihre Filme

Die Filmwissenschaftlerin und Dramaturgin Cornelia Klauß und der Filmwissenschaftler und Publizist Ralf Schenk hatten die Idee, eine Liste aller DEFA-Regisseurinnen zusammenzustellen. Die Autoren waren überrascht, wie viele Namen sie bei den Recherchen fanden. Daraus entwickelten sie als Herausgeber das Buch mit seinem schlichten Titel «Sie – Regisseurinnen der DEFA und ihre Filme».

Im einleitenden Kapitel «Die eigene Handschrift» schreibt Cornelia Klauß: «Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen. Der «weibliche Blick» zeigt sich unbestritten erst einmal in die Blickrichtung der Regisseurinnen, die einen vornehmlichen Fokus auf Frauenthemen hatten. Sie waren mit ihren Protagonistinnen auf Augenhöhe. Sie konnten ihnen anders begegnen, ihre Geschichten haben sie anders bewegt. Und sie haben dezidiert die offizielle Frauenpolitik der DDR, auf die «man» so stolz war, auf dem Prüfstand gestellt.»

Das Buch berichtet über die Jahre zwischen 1946 und 1992, in denen mehr als sechzig Regisseurinnen für die DEFA - vom Spiel- und Dokumentarfilm, beim populärwissenschaftlichen und Werbefilm, dem Trickfilm oder der Wochenschau «Der Augenzeuge» - tätig waren. Für jede der Künstlerinnen steht ein Beitrag in essayistischer Form, in der Regel von vier Seiten und mit einem Porträtfoto und der Filmografie im Band.

Ralf Schenk: «Im Kino der Vorkriegszeit und in der Bundesrepublik galt Regie lange Zeit als Männersache, sieht man einmal von Leni Riefenstahl ab oder von Lotte Reiniger im Animationsfilm. Auch im DEFA-Spielfilmstudio kommen nach Bärbl Bergmann mit der früh verstorbenen Ingrid Reschke, mit Iris Gusner, Hannelore Unterberg und Evelyn Schmidt erst um 1970 ein paar wenige Frauen auf den Regiestuhl. Stattdessen wurde es zu einer Art Markenzeichen des DEFA-Spielfilms, dass viele Männer immer wieder Geschichten von starken Frauen erzählten: Das fängt mit Wolfgang Staudtes Die Mörder sind unter uns an, führt über Bürgermeister Anna (1950, R: Hans Müller) oder Besondere Kennzeichen: keine (1955, R: Joachim Kunert) bis hin zu Egon Günther, Herrmann Zschoche, Lothar Warneke, Konrad Wolf. Diese Filme wurden oft von Autorinnen geschrieben; ich denke nur an Helga Schütz. Auch in der DEFA- Dramaturgie arbeiteten viele Frauen, brachten ihre Themen geschickt „an den Mann“«.

Erste Frau die bei der DEFA als Regisseurin Spielfilme drehen durfte - wenn auch nur von 30 bis 60 Minuten Länge – war Bärbl Bergmann (1931-2003). In ihren ersten Film, «Ein ungewöhnlicher Tag» drehte sie 1959, mit Daniela Dahn als Hauptdarstellerin, damals 10 Jahre als, heute Schriftstellerin und Mitglied des P.E.N..

Beiträge für den Band lieferten u.a. der Trickfilmer Jörg Hermann, der zeichnende Autor Harald Kretzschmar, der Dramaturg Hans Müncheberg und die Journalistin Anke Westphal.

Zum Band gehören 2 DVD mit 18 DEFA-Filmperlen aus den Jahren von 1949 bis 1990.
Der Dokumentarfilm «Aktfotografie - Gundula Schulze» von Helke Misselwitz, produziert 1983, widerspricht die Behauptung, es habe in der DDR keinen Feminismus geben.
khw


Cornelia Klauß / Ralf Schenk (Hg.): Sie. Regisseurinnen der DEFA

Schriftenreihe der DEFA-Stiftung, Berlin 2019
416 Seiten, zahlreiche Fotos , 2 DVDs 29,00 EUR
über Bertz + Fischer Verlag Görlitzer Str. 7- 10997 Berlin
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