06.06.2019
Wolfgang Meyer-Hentrich: WAHNSINN KREUZFAHRT – Gefahr für Natur und Mensch

2019 werden voraussichtlich 30 Millionen Menschen weltweit eine Kreuzfahrt unternehmen. Von Hamburg aus sind es die drei Kreuzfahrterminals - Cruise Center HafenCity, Cruise Center Steinwerder und Cruise Center Altona - die Stationen von Ankunft und Abfahrt. Im Kreuzfahrtgeschäft sind dabei diese Reedereien: Hapag-Lloyd, Cunard Line London, Aida, Reisekonzern TUI und seine «Mein Schiff», der MSC in Genf, Royal Caribbean, Norwegian Cruise Line und Nicko Cruises.

Was früher ein Privileg für Adelige und Bürger war, das ist heute ein Massenvergnügen der gesellschaftlichen Aufsteiger, den Parvenüs. Mit günstigen Preisen locken die Reedereien Gäste für die Seereisen an, das auf Kreuzfahrtschiffen mit mehr als viertausend Gästen an Bord.

Im Vorwort schreibt der Autor: «Ein gigantisches Schiff gleitet in behäbigem Tempo durch den Ozean. Laute Popmusik mit knalligen Beats ertönt aus den Lautsprechern. An Bord befinden sich fast 7000 Passagiere und 2000 Besatzungsmitglieder, die den Reisenden ein angenehmes Leben auf dem Meer ermöglichen sollen. Die Menschen amüsieren sich, verzehren Unmengen von Lebensmitteln, faulenzen in Liegestühlen, flanieren durch Shoppingmails, rackern sich in Fitnessstudios ab, trinken an unzähligen Bars, zocken in Spielkasinos, besuchen Shows und tanzen bis in die frühen Morgenstunden. Das Gebiet, das der monströse Wellenbrecher durchpflügt, ist allerdings organisch tot. Unterhalb seines Kiels, in den Tiefen des Meeres, existieren weder Fische noch Krebse, Muscheln oder Plankton. Die Passagiere wissen nichts davon oder es ist ihnen gleichgültig. Sie wollen das Produkt genießen, das ihnen angepriesen wurde und wofür sie bezahlt haben: eine »Erlebnisreise auf dem Meer«, wie es in der Werbung hieß.

Eine düstere Zukunftsvision? Wer das meint, verkennt die Gegenwart. Über fünfhundert solcher abgestorbenen Bereiche gibt es inzwischen in den Weltmeeren. Dazu gehören die Buchten von New York und Montevideo, Teile der Ostsee, der Ägäis und des Gelben Meers, der Golfe von Oman und Mexiko sowie Areale vor der südamerikanischen Pazifikküste und der Westindischen Küste. Manche dieser Todeszonen sind größer als Irland. Ständig werden es mehr. Und die stählernen Ungeheuer, die mit Tausenden von Passagieren über sie hinweggleiten, zählen zu den Verursachern solcher Todeszonen.»

Auch die An- und Abfahrt zu den Cruise Centern im Hamburger Hafen werden begleitet von den umweltfeindlichen Rauchfahnen der Kreuzfahrtschiffe. Wenn in Höhe des Hotel Louis C. Jacob die Kreuzfahrtschiffe der Cunard-Line - «Queen Elizabeth», «Queen Mary 2» und «Queen Victoria» in See stechen, ertönt der Typhon und lautstark erschalt von Bord die britische Nationalhymne «God save the Queen». Von der Landseite ballert die Kanone es Hotels einen Schuss, Hotelgäste winken mit Bettlaken. Das ist mehr als kleinbürgerlich.

Erst seit Mai 2019 werden am Elbstrom im Hamburger Hafen die Abgase von den Kreuzfahrt- und Containerschiffen gemessen. Die Abgaswerte sind der Gesundheit nicht förderlich.

Wolfgang Meyer-Hentrich hat eine kritische Bestandsaufnahme zum Thema Kreuzfahrten geschrieben. Nur der Irrsinn wird weitergehen. China plant Kreuzfahrtschiffe für zehntausend - in Ziffern 10.000 - Passagiere. Welche Häfen wollen diesen Superschiffen noch Gastrecht gewähren?
Empfehlenswert.
khw


Wolfgang Meyer-Hentrich: WAHSINN KREUZFAHRT
Gefahr für Natur und Mensch

Christoph Links Verlag, Berlin 2019
244 Seiten – 20,00 EUR