16.05.2019
WERNER PLUMPE: DAS KALTE HERZ
KAPITALISMUS: DIE GESCHICHTE EINER ANDAUERNDEN REVOLUTION

Ein paar Daten über Werner Plumpe: Der Autor wurde am 13. November 1954 in Bielefeld geboren, ist Historiker, seit 1999 bekleidet er den Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/Main. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Neuzeit, die Unternehmens- und Industriegeschichte des 19. Und 20. Jahrhunderts. Nach achtjähriger Forschungsarbeit veröffentlichte Werner Plumpe 2016 eine Biografie zu Carl Duisberg. Nach seinem Studium begann Duisburg 1883 für die Farbenfabrik vorm. Friedr. Bayer & Co. AG in Wuppertal-Barmen zu arbeiten. Im Ersten Weltkrieg Mitglied der «Nernst-Duisberg-Kommission», die hatte den Auftrag chemische Kampfstoffe zu erforschen. Neben Duisburg war Walther Nernst und weitere «renommierte deutsche Wissenschaftler» so James Frank, Fritz Haber, Otto Hahn und Gustav Hertz, an dem Giftgas-Projekt beteiligt. Im Ersten Weltkrieg wurde diese deutsche Erfindung am 22. April 1915 das erste Mal im belgischen Ypern eingesetzt.

Mit Walter Rathenau und Hugo Stinnes gehörte Duisburg zu den Industriellen die 1916 belgische Zivilisten zur Zwangsarbeit für das Kaiser-Reich forderten. Nach Hitlers Machtergreifung 1933 gehörte er bis zu seinem der Tod am 19. März 1935 der «Akademie für Deutsches Recht» an. Am 14. Todestag von Duisburg wurde am 19. März 1949 in den Ländern der Amerikanischen, Englischen und Französischen Besatzungszone die «Carl-Duisburg-Gesellschaft» zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchs gegründet.

Werner Plumpes Geschichte des Kapitalismus ist keine Kritik, auch wenn er es besser wissen muss. Bis 1989 war der Autor Plumpe Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Aber der Renegat hatte bis dahin alle politischen Erkenntnisse der Kommunisten verdrängt. So ist «Das kalte Herz» ist eine warme Empfehlung für den Kapitalismus. Für den Autor beginnt diese Geschichte in den Niederlanden. Bereits im 17. Jahrhundert verdienten die Händler mit Tulpenzwiebeln goldene Gulden.

Für Werner Pumpe ist der Kapitalismus bis heute eine Erfolgsgeschichte. Er schreibt: «Es ist neben der fehlerhaften Beurteilung der ungleichen Einkommens- und Vermögensverteilung einer der eklatanten Mängel der populären Kapitalismusdiagnosen, dass die Funktionsweise Wirtschaftsordnung mit der Interessenverfolgung ihrer einzelnen Akteure verwechselt, ja der Unterschied zwischen beidem zum Teil gezielt verwischt wird. Ob Unternehmen, Angestellte, Gewerkschaften oder Konsumenten, sie alle haben ihren eigenen Vorteil im Auge, wobei ihnen die Regeln der Wirtschaftsordnung gelegentlich hilfreich, gelegentlich nachteilig erscheinen, zumeist aber wahrscheinlich herzlich gleichgültig sind.

Der Unterschied von Einzel- oder Partikularinteressen und der Funktionslogik der Ordnung ist für die moderne Wirtschaft, den Kapitalismus, konstitutiv. Er erzeugte und erzeugt bis heute eine andauernde Auseinandersetzung um die konkrete Fassung der für alle geltenden Regeln. Dass damit auch neu Restabilisierungsmaßnahmen erzwungen werden, ist unbedenklich solange nicht die grundlegenden Funktionslogiken zugunsten einzelner Partikularinteressen außer Kraft gesetzt werden - wie es bei «too big to fail» offenkundig der Fall war.»

Noch immer ist der Autor der Meinung, dass der Kapitalismus von Beginn an revolutionär war und es heute noch immer ist. Auch seit der Finanzkrise nicht das Problem der Welt ist. Für Plumpe ist die Finanzkrise von 2007/2008 kein Versagen der Banken, sondern ein Versagen der Politik.
Eine ganz spezielle Geschichte des Kapitalismus.
khw


Werner Plumpe: DAS KALTE HERZ
KAPITALISMUS:
DIE GESCHICHTE EINER ANDAUERNDEN REVOLUTION


Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2019
800 Seiten - 34,00 EUR