05.04.2019
Jan-Christoph Hauschild: DAS PHANTOM – Die FÜNF LEBEN DES B. TRAVEN

Meine erste Begegnung mit B. Traven hatte ich zu Beginn der 50er Jahre mit dem Film „Schatz der Sierra Madre“, der nach einem Traven Roman 1948 gedreht wurde. Beteiligt an dem Film waren: Der Regisseur John Huston, die Schauspieler Humphrey Bogart, Walter Huston und Tim Holt. Meine Eltern waren Mitglied in der Büchergilde, so hatte ich Lesestoff der B. Traven Titel «Die Baumwollpflücker» und «Das Totenschiff».

In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts begann man das Geheimnis um B. Traven zu lüften. Eine erste Möglichkeit gab es bei der Premiere des «Totenschiff» am 1. Oktober 1959. Die Bilder zur deutsch-mexikanischen Spielfilmproduktion wurden in Spanien und auf der Insel Fehmarn gedreht. Zur Premiere reiste Traven unter seinem Pseudonym Torsvan nach Hamburg. Als er bemerkte, dass er fotografiert wurde, verdeckte er sofort sein Gesicht, verbat sich jede weitere Aufnahme.

Auf der Suche nach B. Traven in Mexico ging 1966 auch der stern-Reporter Gerd Heidemann, der später die Hitler-Tagebücher erfand. In Mexico City in der Calle Rio Mississippi 61 fand Reporter Heidemann B. Traven. Die Hamburger Illustrierte veröffentlichte Heidemanns Reportage mit der Behauptung, endlich das «Rätsel der modernen Literatur gelöst ist.» Zehn Jahre später legte Heidemanns mit seinem Buch «Postlagernd Tampico – Die abenteuerliche Suche nach B. Traven» nach.

Kaum ein Schriftsteller hat die Literaturwissenschaft, auch die Boulevardpresse im vergangenen Jahrhundert so intensiv beschäftigt wie B. Traven. Zeit seines Lebens verweigerte der Bestsellerautor, er starb am 26. März 1969 in Mexiko-Stadt, Auskünfte über seine Herkunft. Travens Bücher wurden in 24 Sprachen übersetzt, erreichten eine geschätzte Gesamtauflage von 30 Millionen. Ab 1925 war es die Büchergilde, die den Autor und seine Literatur in Deutschland, auch in Österreich und der Schweiz veröffentlichte.

Auch wenn B. Traven Zeit seines Lebens alles unternahm, um anonym zu bleiben, hat nun der Literaturwissenschaftler Jan-Christoph Hauschild das Geheimnis um B. Traven gelüftet. Gesichert ist, dass Traven und der Schauspieler «Ret Marut» eine Person sind. Er kam 1915 nach München, gab hier die anarchistische Zeitschrift «Ziegelbrenner» heraus, die von der Zensur nicht verboten wurde. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wird aus dem anarchistischen Einzelkämpfer ein Mitglied der Räterepublik in München, übernimmt die Leitung des Presseamts. Anfang Mai1919 schlägt brutal blutig die Reichswehr und Freikorpsverbände die Räterepublik nieder. Marut wurde verhaftet, konnte sich seiner standrechtlichen Hinrichtung durch eine gewagte Flucht entziehen. Nun Steckbrieflich gesucht - flieht er zunächst nach England, dann weiter nach Kanada, später wird Mexico seine neue Heimat.

Erst Jahre nach Travens Tod, er stirbt schwer erkrankt am 26 März 1969 in Mexiko-Stadt, so die Todesanzeige von «El señor TRAVEN TORSVAN (B. TRAVEN)» einen Tag später in der Novedades de México wird das Geheimnis um den Namen Marut gelöst.

In Maruts am 18. Januar 1918 vom Polizeipräsidenten in München ausgestellten Personalausweis steht als Geburtsort San Francisco an, weist auf seine US-Staatsbürgerschaft hin. Bei seiner Flucht nach England und seinem Verstoß als Ausländer gegen die Meldepflicht, verhaftet von der Polizei gibt er bei der Vernehmung widersprechende Angaben zu seiner Person. Neben Marut nennt er sich auch Hermann Otto Albert Max Feige, auch Albert Otto Wienecke. Im Dezember 1923 erfolgt seine Ausweisung aus England.

Jahre später mit Hilfe des FREEDOM OF INFORMATION ACT können die Literaturhistoriker Michael Bauman, Charles R. Humphrey, Richard E. Mezo und der Publizist Jonah Raskin Dokumente zu Ret Marut im State Departments einsehen. Im Winter 1923 in London wegen Verletzung der Meldepflicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten, gibt er bei Befragung durch die Polizei ein Geständnis ab, das er in Wahrheit Hermann Otto Albert Max Feige heißt, Sohn eines Töpfers und einer Fabrikarbeiterin aus Schwiebus in Deutschland sei. 1977 geben die Literaturhistoriker ihre Recherchen an den BBC-Journalisten Will Wyatt weiter, der eine TV-Dokumentation über Traven vorbereitet. Dieser Spur geht Wyatt nach. Heute ist der Ort Schwiebus polnisch, heißt Swiebodzin. Auf Anfrage von Will Wyatt1978 an das Standesamt in Swiebodzin kommt die Nachricht, dass im Jahr 1882 tatsächlich ein Hermann Albert Otto Maximilian Feige geboren wurde.

Endlich ist das Rätsel um Ret Marut gelöst - das Leben von B. Traven gleicht einem Kriminalroman. – Empfehlenswert.
khw


Jan-Christoph Hauschild: DAS PHANTON – DIE FÜNF LEBEN DES B. TRAVEN

Edition Tiamat, Berlin 2018
320 Seiten - zahlreiche Fotos - 24,00 EUR