13.03.2019
Yves Buchheim: Buchheim – Künstler, Sammler, Despot: Das Leben meines Vaters
Unter der Mitarbeit von Franz Kotteder

Yves Buchheim hat ein hartes aber faires Enthüllungsbuch über seinen Vater geschrieben. So heißt das Buch im Untertitel: Künstler, Sammler, Despot. Angebracht ist Gauner, Betrüger, Fälscher in der Auflistung hinzufügen. Der Mann schrieb mehrere Romane, davon lieferte einer die Vorlage für den Film „Das Boot“. Lothar-Günther Buchheim wurde am 6. Februar 1918 in Weimar geboren. Später heiratete seine bis dato unverheiratete Mutter Ende der 20er Jahre einen Erzgießereibesitzer und zog nach Chemnitz. Der junge Buchheim wurde früh als «malendes Wunderkind» bezeichnet, zeichnete Landschaften und fertigte Linolschnitte an. Als 17-Jähriger hat er seinen ersten öffentlichen Auftrag der Stadt Chemnitz, veröffentlichte sein erstes, wenn auch schmales Buch mit dem Titel: «Lothar-Günther Buchheim - Ein ganz junger Künstler». Ab 1939 studierte er an der «Hochschule für bildende Künste» in Dresden, wechselte ein Jahr später an die «Akademie der Bildenden Künste» in München. Es ist auch das Jahr wo Buchheim als Kriegsfreiwilliger zur NS-Kriegsmarine geht, auf Minenräumbooten, Zerstörern und U-Booten Kriegsberichterstatter ist. Er schreibt zahlreiche Bücher über die Kriegsmarine. Seine Erlebnisse als Besatzungsmitglied auf «U 96» werden sein bekanntes Buch, es lieferte die Vorlage für den Wolfgang Petersen Film «Das Boot» 1981.

Bekannt wurde Buchheim auch durch seine bedeutende Sammlung von Werken des deutschen Expressionismus, hier vor allem von der Künstlergruppe «Die Brücke». Seine Sammlung bot er dem Lehmbruck-Museum in Duisburg an. Das Vorhaben scheiterte an Meinungsverschiedenheiten 1980 mit der Stadt Duisburg. Später gründete er die gemeinnützige Buchheim-Stiftung, die das «Museum der Phantasie» finanzierte, am 23. Mai 2001 eröffnet. Jahrelang hatte Buchheim geplant, die Sammlung in seinem Wohnort Feldafing unterzubringen. Die Gemeinde lehnte nach Querelen mit Buchheim dankend ab. Lothar-Günther Buchheim starb am 22. Februar 2007.

Yves Buchheim über seinen Vater: «Er war ein Kraftmensch und ein Organisationstalent. Auch hatte er ein untrügliches Auge für künstlerische Qualität. Und ein Geschäftsmann.»

Yves Buchheim mit seiner Buchheim-Saga schreibt die wahre Geschichte seines Vaters. Er ist der einzige Sohn von Lothar-Günther Buchheim, geboren 1949. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er bei seiner Mutter in Paris, 1954 kam er zu seinem Vater nach Bayern. Hier stand er jahrelang unter der Fuchtel des despotischen und egomanischen Künstlers Buchheim.

Im Vorwort schreibt Yves Buchheim: «Es gibt Ereignisse im Leben, mit denen man um alles in der Welt nichts mehr zu tun haben will, bei denen man froh ist, dass sie vorbei sind. Man verdrängt, baut sich Schutzschilde auf und glaubt, mit der Vergangenheit abgeschlossen zu haben. Weitab vom Schuss zu sein, in einer geborgenen Umgebung zu leben, so etwas hilft. Dachte ich mir. Nicht nur der Tod meiner leiblichen Mutter, auch der meines Vaters und meiner Stiefmutter wiegten mich in trügerischer Ruhe. Mich ging das alles nichts mehr an.

So einfach ist die Sache freilich nie. Manchmal kommt die verdrängte Vergangenheit, kommen die aufgestauten Gefühle urplötzlich wieder ans Tageslicht, durch einen Zufall vielleicht. Und so war es auch bei mir.

Mit einem Mal musste ich mich wieder mit Fragen befassen, von denen ich eigentlich nichts mehr wissen wollte. Mit einem Familienterror, der sich über Jahrzehnte hinweg aufgestaut hatte, mit vielen Unwahrheiten und Schwindeleien. Um sich davon zu befreien, kann man natürlich eine Psychoanalyse machen oder ärztliche Hilfe aufsuchen. Ich versuche meinen Seelenfrieden zu finden, indem ich das aufschreibe, was bis heute öffentlich nicht gesagt werden durfte oder nur vorgehaltener Hand kolportiert werden durfte.»

Eine fesselnde Familiengeschichte die Yves Buchheim aufblättert, der heute in der Schweiz lebt. - Lesenswert.
khw


Yves Buchheim: Buchheim
Künstler, Sammler, Despot: Das Leben meines Vaters
unter der Mitarbeit von Franz Kotteder

Wilhelm Heyne Verlag
in der Verlagsgruppe Random House, München 2018
366 Seiten - zahlreiche Fotos - 24,00 EUR