12.01.2019
Florian Reichenberger: Der gedachte Krieg
Vom Wandel der Kriegsbilder der Bundeswehr

Für einen gedachten Krieg habe ich einmal als Kameramann für eine Peter von Zahn Filmproduktion geaebeitet. Das kriegerische Unternehmen fand vom 8. bis zum 12. September 1969 in den Bereichen von: Hildesheim, Paderborn, Göttingen, Arolsen, dem Truppenübungsplatz Bergen-Hone, Hannover, Braunschweig, Kassel und Fulda statt. Das militärische Kriegsspiel wurde schlicht «Großer Rösselsprung 69» genannt. An diesen Kriegspielen nahmen 65.000 Soldaten, 12.000 Rad- und 2.500 Kettenfahrzeuge teil. Eingebunden als Teilnehmer waren 104 Hubschrauber, 100 Starfighter, dazu Transportmaschinen von C-119 bis zur Noratlas. Auch der Partner USA beteiligte sich mit 2000 Soldaten, die US Air Force entsandte 4 Phantom von McDonnell Douglas ins Manöver. Aus Belgien waren dabei eine Infanteriebrigade und Fallschirmspringer, insgesamt 2000 Soldaten, die teilnahmen.

Mit dem Manöver «Großer Rösselsprung» zeigte die Bundewehr den Staaten des Warschauer Paktes, wie sie sich verhält, wenn es Ernst würde. Bevor der unmilitärische Filmtrupp aus Hamburg auf den Spielplatz durfte, wurden wir in Musterlager vereidigt, damit das militärische Geschehen geheim bliebe. So kann ich erst heute gesagt werden, wie es war.

In dem Aufmarsch auch Flieger des Jagdbombergeschwader s33 mit ihren F104 aus Büchel. Liegen hier nicht noch immer US-Atomwaffen zum nuklearen Einsatz bereit? Auf WIKIPEDIA steht unter Fliegerhorst Büchel: «…gilt als der einzige Standort in Deutschland, an dem noch US-Atomwaffen gelagert werden.» Und das war bereits 1969 der Fall.

Verteidigungsminister war 1969 in diesem Jahr Gerhard Schröder (CDU). Der Jurist war von 1953 - 1961 Innenminister, bis zur Übernahme des Verteidigungsresort 1966 der Bundesaußenminister.

Der Band «Der gedachte Krieg» ist keine Apokalypse eines Krieges, auch keine Friedensliteratur, ein Band zur Weiterbildung des Offizierskorps. Im Anhang vom Autor Quellen- und Literaturangaben, darunter drei Filme: «Das letzte Testament», «The Atomic Café» und «The Day After». Aber Fehlanzeige für den Manöverfilm «Großer Rösselsprung» aus dem Jahr 1969.

Heute heißt es nicht mehr Sowjetunion sondern Russland - geändert hat sich am Feindbild nichts.
khw


Florian Reichenberg: Der gedachte Krieg
Vom Wandel der Kriegsbilder in der Bundeswehr
Eine Publikation des Zentrums für Militärgeschichte
und Sozialwissenschaften der Bundeswehr

Verlag Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston 2018
498 Seiten – 49,95 EUR