12.01.2019
Christopher Clark: VON ZEIT UND MACHT
Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten

Der Autor Christopher Clark wurde am 14. März 1960 in Sydney geboren und ist ein in Großbritannien lebender australischer Historiker. Er besuchte von 1972-1978 die Sydney Grammar School. Von 1979 bis 1985 studierte er an der Universität Sydney, dann 2 Jahre an der Freien Universität Berlin und schloss sein Studium von 1987 bis 1991 am Pembroke College der University of Cambridge mit einer Arbeit zum Verhältnis von Juden und Protestanten in Preußen im 18 und 19. Jahrhundert ab. Sein Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte Preußens und der Erste Weltkrieg, dabei mit Schwerpunkt die Geschichte des Pietismus und des Judentums, der Kulturkampf in Deutschland. Seit 2008 lehrt er als Professor für Neuere Europäische Geschichte an der University of Cambridge am St. Catharine´s College. Clark ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft zur Preußischen Geschichte, der Preußischen Historischen Kommission. Ab 2010 ist er Mitglied des German Historical Institute London und der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedichruh/Aumühle bei Hamburg. Sein Buch «Preußen» wurde mit dem Wolfson History Prize ausgezeichnet. Der Band «Die Schlafwandler», 2013 erschienen, führte wochenlang die bundesdeutsche Sachbuch-Sellerliste an.

In seinem neuen Buch «Von Zeit und Macht» geht es um Macht und Herrschaft. Der Autor fragt dabei nach der Herrschaft und dem Geschichtsbild in vier Jahrhunderten. Er versucht eine Antwort zu finden, worauf begründet sich Macht, wie die Herrschaft.

In der Einleitung schreibt Lark: «Wie die Schwerkraft das Licht, so beugt die Macht die Zeit. Dieses Buch zeigt, was geschieht, wenn zeitliches Bewusstsein durch die Linse der Macht betrachtet wird. Es befasst sich mit den Formen der Geschichtlichkeit, welche die Machthaber sich aneigneten und ihrerseits artikulierten. Mit Geschichtlichkeit oder »Historizität« meine ich keineswegs eine Lehre oder Theorie über den Sinn der Geschichtsschreibung, geschweige denn eine bestimmte Schule der historiographischen Praxis. Vielmehr benutze ich den Begriff in der von Francois Hartog beschriebenen Bedeutung, um eine Reihe von Annahmen zum Verhältnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft untereinander zu bezeichnen. Diese Annahmen können explizit in sprachlicher Form zum Ausdruck kommen, sie können sich aber auch über kulturelle Entscheidungen, öffentliche Rituale oder über die Verwendung von bestimmten Argumenten oder Metaphern und anderen bildlichen Sprachmitteln äußern, die eine »zeitbezogene Wahrnehmungsstruktur« implizieren, ohne sich offen temporaler Kategorien zu bedienen.»

Die Preußische Geschichte untersucht Clark von der Mitte des siebzehnten bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, muss sich im Kapitel «Die Zeit der Nationalsozialisten» mit den Nazis befassen.

Clark schreibt: «Die vergangenen Epochen der Antike und der Renaissance sollten in den Dienst der rassistischen Gegenmoderne gestellt werden, mit dem alten Rom als „dynamischer Lebenskraft, die in der Gegenwart wirksam werden soll“. Die Gemeinsamkeiten zwischen den „hybriden“ Zeitlichkeiten des Nationalsozialismus und des italienischen Faschismus sind unbestreitbar, doch der Unterschied ist ebenso wichtig: Während das faschistische Regime nämlich diese chronopolitischen Manipulationen eine Zeitlichkeit projizierte, deren Logik im Wesentlichen historisch, linear und modern blieb, schmückte sich das deutsche Regime zwar mit modernen Attributen, artikulierte seine ultimativen und bestimmenden Ansprüche jedoch im Rahmen eines ahistorischen, rassistischen Zeitkontinuums.»

Ein Buch das anregt, die Vergangenheit noch einmal zu überdenken.
khw


Christopher Clark: VON ZEIT UND MACHT
Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten
bis zu den Nationalsozialisten
Aus dem Englischen von Norbert Jaraschitz

Deutsche Verlagsanstalt, München 2018
313 Seiten - Abb. - geb. - 26 EUR