27.08.2018
Matthias Heine: Letzter Schultag in Kaiser-Wilhelmsland
Wie der Erste Weltkrieg die deutsche Sprache für immer veränderte

Der Autor Matthias Heine, 1961 in Kassel geboren, studierte an der Technischen Universität Braunschweig Germanistik und Gesichte. Nach seinem Volontariat bei der «Braunschweiger Zeitung» lebt Heine seit 1992 in Berlin, wo er von 1993 bis 1998 der stellvertretende Leiter der des Kulturteils der «B.Z.» war. Ab 1998 schrieb er als Journalist für «Die Welt», «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» und die Monatszeitschrift «Cicero». Seit 2010 ist er Redakteur im Feuilleton «Der Welt». Zu seinen bevorzugten Themen gehören Sprachgebrauch und Sprachwandel.

Bereits sein erstes Buch «Seit wann hat geil nichts mehr mit Sex zu tun?», erschien 2016 bei Hoffman und Campe, war eine sprachliche Aufarbeitung des Themas. Im Buch «Letzter Schultag in Kaiser Wilhelmland», zeichnet Matthias Heine nach, wie die deutsche Sprache eng mit Geschichte verbunden ist. Der Autor: «Auf dem St.-Matthews-Friedhof in der kleinen Stadt Collinsville im US-Staat Illinois, zwölf Meilen nordöstlich von St. Louis, steht ein erstaunlich neuer Granitgrabstein, in den der Name «Robert P. Prager» gemeißelt! Dann folgen die Lebensdaten des Toten, den auch eine Fotografie auf dem Quader zeigt, und schließlich ganz unten die Beschreibung seines Schicksals: «Victim of a Mob». Man kann sagen, dass hier die deutsche Auswanderkultur der USA begraben liegt.»

Robert P. Prager, im Februar 1888 geboren, wanderte nach Amerika aus, arbeitete in verschiedenen Berufen, so als Bäcker und Bergmann. In der Nacht vom 4. auf 5. April 1918, fast ein Jahr nachdem die USA in den Krieg gegen das Kaiserreich Deutschland eingetreten waren, wurde er von einem Mob aus dem Gefängnis von Colinsville entführt und mit einem Seil um den Hals hingerichtet. Prager wurde zum Opfer eines patriotisch aufgeheizten und besoffenen Lynchmobs, nur da Prager nicht eingebürgert war.

Auch wollte man 1918 in den USA das Sauerkraut in «Liberty Cabage» (Freiheitsfeohl) umbenennen. Dass das «Deutsch» aus den Staaten verschwand, hat seine Ursache im Ersten Weltkrieg. Ebenso starke Einbußen hatte «Deutsch» als Wissenschaftssprache, verschwand aus der Gelehrtenwelt und den Publikationen. Deutsch hat sich im ehemaligen Kaiser Wilhelmsland auf Neuguinea (der Westteil wurde 1963 von Indonesien besetzt, der Ostteil ist seit 1975 der unabhängige Staat Papua-Neuguinea) bei den Einheimischen die deutsche Sprache als «Unserdeutsch», als Kreodeutsch erhalten. Heute erforscht der Linguist Craig Volker in Papua-Neuguinea - bevor die letzten Sprechenden aussterben - mit Kollegen die Sprache.

Matthias Heine bringt mit seinem Buch Geschichte über Sprache dem Leser nahe.
khw


Matthias Heine: Letzter Schultag in Kaiser-Wilhelmsland
Wie der erste Weltkrieg die deutsche Sprache für immer veränderte

Verlag Hoffman und Campe, Hamburg 2018
221 Seiten -16,00 EUR