20.07.2018
Julian Borchardt: Karl Marx – DAS KAPITAL
Kritik an der politischen Ökonomie - Gemeinverständliche Ausgabe besorgt von Julian Borchardt

Die erste Ausgabe wurde 1920 veröffentlicht. Der vom Westhafen vorgelegte Nachdruck ist die erweiterte und neu bearbeitete Ausgabe von 1931, veröffentlicht von der E. Laubschen Verlagsbuchhandlung Berlin. Im Vorwort zur ersten Ausgabe schreibt Borchardt: «Der Leser, der das nicht weiß – und der Laie kann es nicht wissen – sieht zu seinem Erstaunen den selben Gedanken immer und immer von neuem mit anderen Worten vorgetragen, zehnmal, fünfzehnmal und noch öfter, ohne dass ihm klar wird, weshalb. So kommt es, dass sogar die Fachgelehrten in der Regel sich darauf beschränken, den ersten Band zu lesen und dann natürlich das, was Marx sagen will, falsch verstehen. Noch viel mehr gilt das für Laien, wie z.B. Arbeiter, die vielleicht mit einem kolossalen Aufwand ihrer Freistunden den ersten Band zu Ende lesen, aber der Lektüre des zweiten und dritten Bandes im großem Bogen ausweichen. - Aus all diesen Gründen war es mir schon lange vor dem Kriege (Erster Weltkrieg) klar, dass ein dringendes Bedürfnis vorlag, das „Kapital“ lesbar zu machen für die Unzähligen, die danach lechzen, seinen Inhalt zu kennen, ohne doch sozusagen ein Stück ihrer Lebensarbeit daran setzen zu können.»

Der diese Zeilen als Vorwort zum Kapital schrieb, heißt Julian Borchardt, wird am 13. Januar 1868 in Bromberg als Sohn des eines jüdischen Kaufmanns geboren. Auch Julian beginnt später nach Abschluss der Schule eine Lehre als Handlungsgehilfe, ist danach einige Jahre in Berlin als Kaufmann tätig. Von1896 bis 1900 ist Borchardt Bibliothekar und Lehrer in Brüssel. Gleichzeitig studiert er an der Universität und liefert für verschieden Sozialdemokratische Zeitungen aus Belgien Beiträge. Von 1907 bis 1913 ist er bei der SPD als Wanderlehrer für das Fach Nationalökonomie angestellt. Von 1911 bis 13, nun auch Abgeordneter im Preußischen Abgeordnetenhaus, sorgt Borchardt am 9. Mai 1912 für einen Eklat. Mit Zwischenrufe unter bricht er den Redefluss des nationalliberalen Abgeordneten Anton Schifferer. Aufgefordert vom Parlamentspräsidenten Hermann von Erffa den Saal zu verlassen, folgte Borchardt nicht. Darauf wurde die preußische Polizei eingesetzt, der ihn aus dem Parlament entfernte, auch eine Anklage wegen Hausfriedensbruch und Widerstand einbrachte. Verhandelt wurde 1913 vor dem Reichsgericht Leipzig, seine Verteidiger waren Hugo Haase, Wolfgang Heine und Hugo Heinemann. Noch im selben Jahr geriet Borchardt mit der SPD-Führung in einen Konflikt. Der von der SPD nicht geliebte gründete die Zeitschrift «Lichtstrahlen. Zeitschrift für internationalen Kommunismus». Verbindungen bestanden zum Bremer Karl Radek, der für Borchardts Zeitungsbeiträge lieferte.

Nach dem Verbot der «Lichtstrahlen» wurde 1916 der «Leuchtturm» gegründet. Von der Handlungs- und Initiativlosigkeit der Bevölkerungsschichten enttäuscht resigniert Borchardt. Im Dezember 1918 wird er von den «Internationalen Kommunisten» wegen anarchistische Tendenzen ausgeschlossen, ist somit auch nicht Mitglied der neugegründeten KPD, wird auch in den folgenden Jahren in keiner Partei Mitglied. Während der Weimarer Republik ist Borchardt Mitglied im «Schutzverband Deutscher Schriftsteller» und Mitbegründer des «Bundes proletarisch-revolutionären Schriftsteller». Auch arbeitete er als Lehrer an der «Marxistischen Arbeiterschule (MASCH)». Im Jahr 1931wird Julian Borchardt an das «Marx-Engels Institut» von Dawid Borissowitsch Rjasanow nach Moskau berufen, um an der «Marx-Engels-Gesamtausgabe» mitzuarbeiten.

Noch während seiner Vorbereitung für die Übersiedlung nach Moskau erkrankte Julian Borchardt und starb am 16. Februar 1932 in Berlin. Was bleibend an dem großen Marxisten erinnert, ist seine gemeinverständliche Ausgabe von «Karl Marx - Das Kapital».
khw


Das Kapital – gemeinverständliche Ausgabe besorgt von
Julian Borchardt
Westhafen Verlag, Frankfurt/Mai 2018
416 Seiten – 19,90 EUR