27.04.2018
Charles E. Ritterband: Grant und Grandezza

Der Autor Charles E. Ritterband wurde am 7. Oktober 1952 in Zürich geboren, ist somit Schweizer Bürger. Er arbeitet als Journalist und politischer Kommentator. An den Universitäten in Zürich, St. Gallen, Harvard und dem Institut d´etudes politiques de Paris studierte Ritterband Germanistik, Geschichte, Philosophie und Staatswissenschaften. Über Jahrzehnte war er Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung in Jerusalem, London, Washington D.C. und Buenos Aires. Von der argentinischen Stadt wechselte Ritterband 2001 als NZZ Korrespondent nach Wien, war hier bis 2013 der Berichterstatter für Österreich und Ungarn.

Nach seinem Buch «Dem Österreichischen auf der Spur. Expedition eines NZZ-Korrespondenten» und «Österreich – Stillstand im Dreivierteltakt», 2009 und 2016 mit Illustrationen von Michael Pammesberger erschienen, ist «Grant und Grandezza» sein drittes Buch über Österreich, illustriert wieder von M. Pammesberger.

Das neue Österreichbuch hat den Hinweis «Randbemerkungen zu Österreich», ist ein Mehr über seine 8,747 Millionen Bürger, kann auch als Reiseführer über die Alpenrepublik gelesen werden.

Dem Buch stellt Charles E. Ritterband ein Zitat des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen voran: «Widersprüche zeigen oft eine Langlebigkeit. Die Partido Revolucionario Institucional (Partei der institutionalisierten Revolution) in Mexico behauptet sich seit fast 100 Jahren. Obwohl man meinen könnte, eine institutionalisierte Revolution sei ein Widerspruch in sich. Ähnlich halten es die Wiener. Übellaunigkeit und Charme in einer Brust zu vereinen: für den gstandenen Wiener seit Hunderten von Jahren kein Kunststück.»

Nun ist Österreich nicht Mexico, hat keine Partei der institutionalisierten Revolution, dafür aber eine längere Geschichte. Das belegt der Autor im Buch mit 27 Kapiteln, die von «Ein Gruß aus der Küche - sozusagen» bis zum «Versöhnliches Finale». Die Vergangenheit und ihre Bewältigung wird nicht ausgespart, auch sei der Antisemitismus «heute in Österreich absolut nicht mehr gesellschaftsfähig» - was nach der heutigen Schwarz-Blauen Regierung von ÖVP und FÖP in Österreich nicht mehr stimmt. Ritterband stellt fest: «Nachdem die Kurz-ÖVP wie ein politisches Chamäleon ihre Farbe vom düsteren Schwarz auf Türkis gewechselt hat, was Verjüngung signalisiert, lässt sich auch der künftige Koalitionspartner FPÖ nicht lumpen.»

Es sind auch kritische Zeitbezüge, die der Autor dem Leser mitteilt. So erinnert Charles E. Ritterband an die 1. Gebirgs-Division der Wehrmacht, bekannt als «Edelweiß-Division» in der auch Österreicher mitmachten. Am 8. September 1943 kapitulierten Italien, damit zerbrach der Mythos der Achse Berlin – Rom. Die Italiener wurden nun zum Feind der Deutschen. Auf der griechischen Insel Kefalonia wurden von den «Edelweiß-Militärs» an den italienischen Soldaten Kriegsverbrechen begangen. Vom 11. bis zum 24. September 1943 erschossen die Soldaten der «Edelweiß-Division» 469 Offiziere und 5000 Soldaten des ehemaligen Bündnispartners Italien, verstießen damit gegen die «Haager Landkriegsordnung» und die «Zweite Genfer Konvention von1929».

Den Buchtitel Grant und Grandezza erklärt Autor Ritterband seinen Lesern mit: «Aber nicht nur der Grant geht auf den Granden zurück – auch die Grandezza, die steife Würde, das hoheitsvolle Benehmen jener spanischen Adeligen. Und diese findet sich in Wien auf Schritt und Tritt, in Bauten der Ringstraße, im prunkvollen, mit Kunstwerken über und über geschmücktem Treppenhaus des Burgtheaters, im Goldenen Saal des Musikvereins, in der Staatsoper sowie Kunsthistorischem Museum. Grandezza ist der Blick über den prachtvollen Graben hin zum Stephansdom.» Nun wissen wir es.

Ein Buch zum Entdecken der Alpenrepublik und Wien. Empfehlenswert.
khw


Charles F. Ritterband: Grant und Grandezza
Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2018

158 Seiten – Illustration von Michael Pammersberger - 19,95 EUR