10.01.2018
Andreas Nachama u. Ulrich Eckhardt: Jüdisches Berlin

Die Autoren beschreiben auf über 360 Seiten Spaziergänge durch die jüdische Geschichte von Berlin, machen so deutlich, wie stark einmal die Stadt geprägt war von jüdischer Tradition. Das wurde in nicht einmal 12 Jahren von den Nationalsozialisten zertrümmert. Was geblieben ist sind nur Rudimente, die an das einmal vorhandene Judentum, das besonders die Kultur beflügelte.

Im Vorwort heißt es: «Monumental Denkmäler können und werden das Vergessen und Verdrängen nicht beenden. Unter ihrem Druck und ihrer Wucht werden Leben und Leiden der vielen Einzelnen nur schwer erkennbar sein. Die vielen kleinen Geschichten und Begebenheiten, die am jeweiligen authentischen Ort - oder Un-Ort – nach Chronistenpflicht erzählt werden, schaffen mehr Bewusstsein und Gedächtnis als jedes Denkmal oder Mahnmal. Folglich gilt es, viele Denkorte zu schaffen statt großer Denkmäler, die die Erinnerung neutralisieren.»

Bitter heißt es dann weiter in dem Band:«Nach dem Krieg wurde die ab 1933 betriebene Löschung jüdischer Spuren weitergeführt. Keiner erwartete die Wiedergründung jüdischer Gemeinden in Deutschland - auch unter Juden selbst war die dauerhafte Wiedererrichtung jüdischer Gemeinden und die erneute Gründung jüdischer Institutionen umstritten. Heinz Galinski war einer der wenigen hoffnungsvollen Pioniere nach der Shoa, der an den Aufbau nach dem Untergang glaubte, um wieder jüdisches Leben in Berlin zu ermöglichen.

Beschädigte Synagogen wurden noch nach dem Krieg in der Wiederaufbauphase in den 1950er Jahren scheinbar gedankenlos abgerissen, die Tilgung jüdischer Namen aus Straßenschildern wurden nicht rückgängig gemacht. Jüdische Namen auf Hauswänden wurden bei Renovierungen übermalt oder überputzt, Gedenktafeln fehlen an wichtigen Orten, wurden auch beseitigt. Rückübertragungen enteigneter oder „arisierter“ Grundstücke und Gebäude nach dem Einigungsvertrag (BRD - DDR) werden nur zögerlich vollzogen.»

Darüber berichtet das Buch mit zahlreichen Beispielen. Berlins Sprung ins 20. Jahrhundert wurde durch jüdische Bürger erheblich beschleunigt. – Lebten einmal um 1925 etwa 173.000 jüdische Bürger in Berlin, waren es zum Ende des Zweiten Weltkrieg 1945 nur noch 1.400. Heute sind es wieder zahreiche jüdische Bürger mehr. Ein Brevier, das informativ über Juden gestern und heute informiert.
khw


Andres Nachama / Ulrich Eckhardt: Jüdisches Berlin
Mit Feuilletons von Heinz Knobloch und Fotografien von Elke Nord

Mandelbaum city guide, Wien 2017
363 Seiten – 19,90 EUR