17.12.2017
KYSZARD KAPUSCHINSKI: IMPERIUM – SOWJETISCHE STREIFZÜGE
Aus dem Polnischen übersetzt von Martin Pollak

Der Autor Ryszard Kapuscinski, geboren am 4. März 1932 in Pinsk (heute Weißrussland) - verstorben am 23. Januar 2007 in Warschau, war Journalist und Fotograf, ein Dichter und Autor, galt auch als Kandidat für den Nobelpreis für Literatur. Er war der einzige Korrespondent der «Polska Agencja Prasowa» (pap), einer Non-Profit-Nachrichtenagentur der über die Entkolonosierung Afrikas aufsehende Beiträge für die polnische Presse lieferte.

Kapuscinski besuchte ab September 1938 die Grundschule Nr. 5 in Pinsk. Den Sommer 1939 verbrachte er mit der Mutter und Schwester Barbara in einem kleinen Dorf in der Nähe von Rejowiec in der Woidwodschaft Lubin. Als im September 1939 der Zweite Weltkrieg begann, gingen sie nach der Eroberung des Dorfes durch die Rote Armee zurück nach Pinsk, Ryszard ging wieder in seine alte Schule zum Untericht. Im Jahr 1940, aus Angst vor einer Deportation in den Osten zog die Mutter mit ihren Kindern nach Sieraków bei Warschau, später in die Nähe von Otwock. Hier besuchte Ryszard von 1944 bis 1945 die Grundschule von Otwock. Dann zog die Familie 1945 zurück nach Warschau, nun besuchte er das Stanislaw Staszic Gymnasium, wurde 1948 Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation ZMP (Vereinigung der polnischen Jugend). In kurzer Zeit vergrößerte sich der Jugendverband von einer halben Million im Jahr 1948 auf über 2 Millionen im Jahr 1954.

Im «Imperium» beschreibt Ryszard Kapuscinski – auch wenn der Band zum Thema die Auflösung der Sowjetunion hat, seine Jugendjahre. Er beginnt seine Schilderung so: «An wichtigen Feiertagen», sagt der Lehrer mit verschreckter, trauriger Stimme, «kommt jedes Kind in diesem Hemd und mit diesem auch in die Schule». Sie haben auch eine Schachtel mit Abzeichen dabei, die sie unter uns verteilen. Auf jedem Abzeichen ist ein anderer Herr abgebildet. Der eine hat einen Schnurrbart, der andere nicht. Einer trägt einen Stutzbart, und zwei sind völlig kahl. Zwei oder drei tragen Augengläser.»

Weiter heißt es: «Kinder», sagt der Herr Lehrer mit einer Stimme, die wie totes Holz klingt, «das sind eure neuen Führer.» Es sind insgesamt neun Führer. Sie heißen Andrejew, Woroschilow, Schdanow, Kaganowitsch, Kalinin, Mikojan, Molotow, Chruschtschow. Der neunte Führer ist Stalin. Sein Abzeichen mit seinem Bild ist doppelt so groß wie die anderen. Das ist auch begreiflich. Wer ein so dickes Buch geschrieben hat wie die «Fragen des Leninismus», der verdient ein größeres Abzeichen als die übrigen.

«Die Grenzen innerhalb der ehemaligen Sowjetunion stellen eine gefährliche Zeitbombe dar», schreibt der große polnische Reporter Ryszard Kapuscinski 1992. Das Glauben heute noch immer Polen, Litauer, Letten und Esten, auch noch immer die US-Bürger.
Eine empfehlenswerte Geschichte der UdSSR, mit viel Polen-Kritik.
khw


RYSZARD KAPUSCINSKI: IMPERIUM
SOWJETISCHE STREIFZÜGE

Die Andere Bibliothek – Berlin 2015
374 Seite – 22,00 EUR

Extradruck der Anderen Bibliothek von September 2015