28.08.2017
Barbara Sichtermann – Kai Sichtermanm: Das ist unser Haus – Eine Geschichte der Hausbesetzung

In Städten wie Hamburg, Berlin oder auch Frankfurt tobte um 1970 der Häuserkampf. Kai Sichtermann ist ein Gründungsmitglied der heute legendären Band «Ton Steine Scherben» und war auch mittendrin beim Kampf um preiswerten Wohnraum. Gemeinsam mit seiner Schwester Barbara Sichtermann haben sie ein Buch geschrieben und wichtigsten Protagonisten von damals noch einmal getroffen.

Erinnern wir uns: – Die Hausbesetzerszene hat die Bundesrepublik aufgewirbelt. Rainer Werner Fassbinders Theaterstück «Der Müll, die Stadt und Tod», 1975 geschrieben, vermittelte den politischen Häuserkampf. Joachim Fest, Ignaz Bubis und Salomon Korn verstanden das Theaterstück als Teil der politischen Auseinandersetzung im Häuserkampf von Frankfurt am Main. Sie beschuldigten Fassbinder des Antisemitismus, da man glaubte, in der Figur eines jüdischen Immobilienspekulanten Ignaz Bubis zuerkennen. Bubis war um 1970 bei der Sanierung des Frankfurter Westends als Investor mit dabei. Nur Fassbinder kannte den Mann nicht, wie es später in einem Urheberprozess festgestellt wurde.

Auch weisen die Autoren auf das Grundgesetz der Bundesrepublik hin und schreiben: «Auch wer mit dem Buchstaben des Grundgesetztes der Bundesrepublik Deutschland nicht sonderlich vertraut war, kannte zumindest den Passus, in dem es heißt: Eigentum verpflichtet. Und galt das nicht besonders für das Eigentum an Grund und Boden? War das nicht eine durch und durch sozialpflichtige Angelegenheit? Friedrich Engels hätte hier den Kopf geschüttelt und gesagt: Da können sie noch so viele Verpflichtungen in ihr Grundgesetz reinschreiben, es nützt alles nichts. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln (der Boden davon ist ein wichtiger Teil) gehört abgeschafft.»

Ein erfrischendes Buch, gut illustriert, das den Lesern die Geschichte der Hausbesetzung hierzulande, auch von Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich durch Zeitzeugen erzählt. Im Nachwort stellen die Autoren fest: «Wie viele Häuser insgesamt besetzt worden sind, ist nicht ganz leicht festzustellen. Hier ein Richtwert: Im Laufe des Jahres 1981 kam es in 153 Städten zu 595 Besetzungen durch 12 990 Menschen.»

Auch heute werden noch immer Häuser besetzt.
khw


Barbara Sichtermann / Kai Sichtermann: Das ist unser Haus
Eine Geschichte der Hausbesetzung

Aufbau Verlag GmbH., Berlin 2017
300 Seiten - zahlreiche Fotos – 26,95 EURR