01.08.2021
Hamburger Korrespondenz im August 2021


Urkundlich wurde die Sietas Werft erstmalig 1635 erwähnt, so ist zu vermuten, dass sie in diesem Jahr von Carsten Sietasch gegründet wurde. Damit zählt die Werft zu den ältesten Unternehmungen in der Hansestadt, auch zu den ältesten noch aktiven Schiffsbaubetrieben weltweit. Der Familienname Sietasch wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts auf Sietas verkürzt. Bis 2009 war die Werft neun Generation lang ununterbrochen im Familienbesitz der Sietas.

In den ersten 200 Jahren ihrer Tätigkeit wurden auf der Werft zur Hauptsache Reparaturen ausgeführt. Gebaut wurden auch Boote, Lastkähne und Prahme aus Holz, die auf den Nebenflüssen linksseitig der Elbe zum Einsatz kamen. Nach der Übernahme von seinem Vater Hannss Sietasch baute der Sohn Hans die Werft unter seiner Leitung auch größere Segelschiffe aus. Dokumentiert ist die Ablieferung des Ewers »Minerva« 1823. Ab 1849, nun unter der Leitung von Hinrich Sietas sind es auch seetüchtige Schiffe wie Schoner. Durch die Konkurrenz der Werften im Umland wurde Sietas nur ganz langsam größer. Bis 1937 blieb die Schonerbrigg »Johann« mit 205 BRT der größte Neubau von Sietas. Ab 1895 hatte die Leitung der Werft Johann Jacob Sietas, es begann, wenn auch langsam, die Umstellung von Holz auf Eisen im Schiffsbau auf der Sietas Werft. Auch begann die Werft ihre Neubauten zu nummerieren. Die Liste beginnt mit der Nummer 63. Während des Ersten Weltkrieg konnten wegen des großen Mangels an Eisen, der wurde im Krieg benötigt, nur zwei Schiffe in Neuenfelde gebaut werden.

Der Fischkutter »Bussard« 1934 abgeliefert trägt bereits die Baunummer 315. Ab 1935 leitet die Werft Johann Jacob Sietas. In diesem Jahr liefert die Werft unter der Baunummer 318 das erste Kümo (Küstenmoterschiff) die »Käte« an den Auftraggeber ab. Bis zu Hitlers Kriegsbeginn 1939 folgen 15 weitere Schiffe, Kümos und Fischkutter. Der erste Exportauftrag kam aus Kolumbien mit der Baunummer 328, es ist der Kümo »Siempre Igual«, übersetzt “Immer gleich“. Dann war die Werft in die Kriegswirtschaft der Nazis eingebunden, für die Kriegsmarine tätig, baute Sietas für Großadmiral und Nazi Karl Dönitz U-Bootstürme für seine eisernen Särge.

Die Werft überstand den Zweiten Weltkrieg ohne Bombenschäden. Nachdem das durch die Alliierten erlasse Schiffsbauverbot von Engländern und Amerikanern 1949 gelockert war, konnte als erstes Schiff mit der Baunummer 343 der Fischkutter »Auguste« abgeliefert werden. Nach der völligen Aufhebung des Schiffsbauverbot 1951 vergrößerte Johann Sietas das Firmengelände. So konnte vergrößert werden die Helgen und die Slipanlagen. Das erste Schwimmdock, ein ehemaliger Hebeponton für U-Boote, erhält die Werft 1958 hinzu. Aufgekauft wird am 1. Juli 1959 von Sietas die Nachbarwerft W. Holst.

Bis zur Schiffsfahrkriese im Jahr 2008 geht es bei Sietas stets bergauf. Mit der Krise kommen auf die Werft Probleme zu. Da die Frachtraten sinken stornieren zahlreiche Reeder ihre Aufträge bei Sietas. Der Spezialschiffbau bringt nur kurzfristig eine finanzielle Besserung für die Sietas Werft. Zum größten Gläubiger der Werft wird die HSH Nordbank. Die Banker vom Gerhardt-Hauptmann-Platz, dem Standtort der NSH Nordbank, setzen 2009 eine neue Leitung der Werft ein. Es ist ersten Mal, dass das Werftunternehmen von keinem Sietas geführt wird.

Am 17. November 2011 wird wegen Überschuldung der Antrag auf Insolvenz gestellt, am 1. Februar 2012 die Insolvenz eröffnet. Im Juni des Jahres entscheidet der Gläubigerausschuss, die drei Sietas Unternehmen - Sietas-Werft, Neuenfelder Maschinenfabrik und die Norderwerft - getrennt zu verkaufen. Die Norderwerft übernimmt die Bremer Lürssen-Werft, die Neuenfelder Maschinenfabrik geht an die norwegische TTS Group ASA. Zu einem Verkauf der Sietas-Werft kommt es nicht.

Im März 2014 übernimmt die Terraline GmbH. die Werft, die zur Pella Shipyard in St. Petersburg in Russland gehört. Pella Sietas arbeitet nun im Spezialschiffsbau, besonders eisgängige Schiffe, dazu Fähren und Baggerschiffe. Weiter werden Reparaturen und Umbauten durchgeführt. Noch Mitte 2020 hat Pella Sietas ein großes Interesse die insolvente Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) zu übernehmen.

Der schwarze Tag für Arbeiter und Angestellten kommt am 29. Juli 2021- der Arbeitgeber Pella Sietas stellt an diesem Tag den Insolvent-Antrag, der einen Tag später das Amtsgericht Hamburg eröffnet. Das Gericht bestellt den Hamburger Rechtsanwalt Achim Ahrendt zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Die Arbeiter und Angestellten der Werft haben seit Mai 2021werder Lohn noch Gehalt erhalten. Das erste Geld bekommen sie nun vom Arbeitsamt. Die Geschäftsführerin Natallia Dean sagte gegenüber Journalisten, die Liquiditätsprobleme der Werft Pella Sietas sich durch die Corona-Pandemie und der gesamtwirtschaftlichen Lage des Schiffsbaus in Europa gekommen.

Ob es bei Pella Sietas weiter geht - steht derzeit in den Sternen.
khw

Sietas Werft


Hafenlotse auf der Elbe


Einlaufende Containerschiffe


Containerschiffe kreuzen auf der Elbe