21.01.2021
Unbekanntes vom »Valle de los Caídos«


Während des spanischen Bürgerkriegs hatte der Generalíssimo Francisco Franco die Idee, ein einzigartiges Denkmal zum Gedenken an die Gefallenen zu errichten. Dazu wurde die Cuelgamuros in der Sierra de Guadarrama unweit des Klosters El Escorial und etwa 40 Kilometer von Madrid entfernt gewählt. Franco ließ es ab 1940, nicht mal ein Jahr nach dem Ende des Bürgerkriegs, von Zwangsarbeitern, das waren zum Großteil republikanischen und kommunistischen Kriegsgefangenen, als Denkmal errichten. Zum »Valle de los Caídos« gehört ein 130 Meter hohes Kreuz aus Beton und die riesige Basilika, die in den Berghang gegraben wurde, sie ist mit einem Tunnel mit der Benediktiner-Abtei Santa Cruz verbunden. In der Anlage befinden sich die Überreste von 33 847 Menschen. Damit ist das »Valle de los Caídos« das größte Massengrab Spaniens. Unter den hier Bestatteten befinden sich 12 410 nicht identifizierte Verstorbene. In den Jahren von 1959 bis 1983 wurden bei 491 Überführungen aus Gräbern und Friedhöfen aus ganz Spanien auch die Leichen von Republikanern hier ohne Zustimmung ihrer Familie neben ihrem Henker Franco begraben. Spanien ist das Land, das nach Kambodscha weltweit die meisten anonymen Massengräber hat. Das »Valle de los Caídos« ist auch heute noch, mehr als vier Jahrzehnte nach dem Tod des Diktator Franco was er wollte ein Denkmal zur Verewigung seines Sieges über gewählte spanische Republik.

Eröffnet wurde das »Valle de los Caídos« mit der Basilika 1959. Die Pflege diese Franco-Denkmals wurde den Bewohnern des Dörfchens Poblado del Valle zugeteilt. Heute sind nur noch zehn Häuser bewohnt, zwei von der Guardia Civil, die restlichen von 30 Mitarbeitern des spanischen Nationalen Kulturerbes, die für die Instandhaltung der Basilika, des Kreuzes im Valle de los Caídos verantwortlich sind.

Der Schüler Petro Liedo Echelrerria, Deutschen Schule in Bilbao, hat dazu in der FAZ hat auf der Seite „Jungend schreibt“ seine Recherchen veröffentlicht die ich verwende. Einer der ihm über seine Kindheit erzählt ist Manuel Martínez, der im Pablado del Valle unweit vom »Valle des los Caídos« groß wurde. Manuel berichtet: »Es ist ganz normal wenn eine Person Valle kommt, das Betonkreuz die große Aufmerksamkeit hat. Für uns als Kinder war das riesige Kreuz nichts Besonderes, sondern Alltag. Das auch später so, als uns die ideologische Symbolkraft dieses Ortes bewusst wurde. Mit fünfzehn wurde mir bewusst, was das »Valle de los Caídos« für viele Menschen bedeutet. Auch Ich begriff ich, dass es Menschen gab, deren Familienmitglieder hier gegen ihren Willen begraben wurden“, sagt Manuel Martínez. In einem der Häuser im unteren Viertel zogen seine Eltern, Juan Martínez und seine Frau Carmen, beide heute 87 Jahre alt. Hier zogen sie ihre drei Kinder auf. Carmens Eltern waren Kommunisten, während des Bürgerkriegs flohen sie nach Russland. Ihre Kinder blieben in Spanien, wurden von einer franquistischen Familie adoptiert. 1951, im Alter von 18 Jahren, heiratete sie Juan in Torrejón del Rey. Wenige Monate nach der Eröffnung kamen sie in das »Valle de los Caídos« und zogen in das Haus, in dem sie noch heute wohnen. Das Haus, im Erdgeschoss ein Esszimmer mit Holzfeuer, dazu ein Wohnzimmer, eine Küche mit einem Innenhof. Und im Obergeschoss gab es drei Schlafzimmer und ein Badezimmer. Im Winter wurde die Zentralheizung von der Guardia Civil um drei Uhr nachmittags eingeschaltet«, erzählt Juan weiter. Weiter berichtet er: »Das Gehalt bei unserer Ankunft nicht sehr hoch, nur für den Strom mussten wir zahlen. Das änderte sich 1975 als Franco starb, nun mussten wir auch die Miete für das Haus zahlen. Um das Einkommen aufzubessern, eröffnete ich eine Bäckerei, meine Frau begann ein Lehrerstudium.«

Als sie damals ins „Poblado“ zogen, befand sich Spanien noch in der sogeannten „Posguerra“- der Nachkriegszeit. Manuel Martínez über diese Jahre: »Die Nachkriegszeit, die fast bis in die sechziger Jahre andauerte, gab es häufig Tage, in denen die Guardia Civil an die Tür klopfte und sagte: „Da kommen wieder Überreste!“ Es standen dann sieben oder acht Lastkraftwagen mit Kriegstoten auf dem Platz vor der Basilika. Wir mussten sofort antreten und helfen, die Kisten in die Krypta zu bringen. In den mit Brettern verbunden Kisten waren die Leichen. Das alles geschah während in der Basilika gleichzeitig die Touristen die Kirche besichtigten oder die katholische Gemeinde ihre Andacht abhielt. Wir stellten eine Kiste auf die andere, sobald der Raum voll war, wurde dieser zugemauert«. Seit der Fertigstellung der Basilika im Jahr 1959 trafen bis 1967 in jeden Monat ein Konvoi mit Hunderten von Toten ein. Es war kein Wunder, dass ich den Leichengeruch annahm« beschließt Juan seine Erzählung.

Heute, 46 Jahre nach dem Ende der Diktatur, hat vieles verändert. Das „Poblado“ ist heute eine Geisterstadt, in der es weder einen Laden noch eine Bar gibt. Wenn man durch die Straßen geht, hat man das Gefühl, 60 Jahre zurückgereist zu sein. Auf beiden Seiten der Straße wehen noch halb zerrissene Fahnen mit dem Adler von San Juan, dem offiziellen Wappen Spaniens während der Diktatur. An den Mauern verlassener Häuser kann man noch die eingemeißelten franquistischen Parolen lesen: „Una patria, un estado, un claudillo“ - Ein Vaterland, ein Staat, ein Führer.

Seitdem Franco exhumiert wurde, nun neben seiner Frau auf einen Friedhof nahe Madrid liegt, hat das »Valle de los Caídos« keinen symbolischen Wert mehr. Es werden immer weniger Touristen, die kommen, so beginnt auch dieser Ort zu verfallen. Juan Martínez spricht sich gegen einen Abriss - die Basilika des »Valle de los Caidos« ist der größte aus Granit gehauene Tempel der Welt - aus. Die Länge von 255 Metern übertrifft sogar die des Petersdoms im Vatikan, und ihre Kuppel ist nur zwei Meter niedriger, aber wesentlich größer als die der Hagia Sophia in Istanbul. Frage ob das genügt Francos »Valle des los Caídos« zu erhalten, das glaube ich nicht.
khw

Das Kloster El Escorial


Francos monumentales Valle de los Caídos in der Sierra de Guadarrama wird fast erschlagen vom 152 hohen Betonkreuz



Die Insignien des Franquismus am Valle de los Caídos