01.10.2020
Hamburger Korrespondenz im Oktoberber 2020


Elbvertiefung in Gefahr – der Schlick wird zum Problem. Für über 800 Millionen Euro wird der Hamburger Hafen ausgebaggert, so will man die benötigte Tiefe für den Hafen anlaufende große Containerschiffe herstellen. Nun meldet die Hamburg Port Authority (Hamburger Hafenbehörde) ein Problem: Der neue Schlick kann auch nach den Baggerarbeiten Schiffe an einer Durchfahrt weiter hindern. Eine Lösung des Problems wird immer dringlicher, so der parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann. Seit 2018 bis 2020 führte der ehemalige Industriemanager als Präses die Behörde Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Nach den Neuwahlen, die Grünen bekamen statt drei nun vier Senatoren zugesprochen, heißt die neue Behörde der Westhagemann vorsteht, seit Juni 2020 Behörde für Wirtschaft und Innovation. Um den Hamburger Hafen dauerhaft zu sichern, muss der Schlick in der Nordsee bei Helgoland verklappt werden. Nun ist diese Ablagerungsstelle nach den Vereinbarungen mit der Landesregierung von Schleswig-Holstein erreicht. Das kostet auch - je Tonne Schlick sieben Euro - nicht gerade preiswert.

War noch vor Jahren das größte Problem des Hamburger Hafens die vom Aussterben bedrohte Pflanze mit dem Namen »Schierlings-Wasserfenchel«. Dafür kämpften die Umweltschützer vor Gericht. Der Prozess verzögerte die Arbeiten der Elbvertiefung, aber eine Lösung für das Problem wurde gefunden: Ausgleichsflächen für die Wasserpflanze. Heute hat die Hamburg Port Authority (HPA) das neue Problem: Schlick. Der entsteht, da die Flut seit jeher Sand aus der Nordsee über die Elbe nach Hamburg spült, wo er sich ablagert. In den frühreren Jahren floss der Schlick mit dem Elbwasser wieder zurück zur Nordsee. Das ist nun sei Jahren vorbei, die Elbe führt weniger Wasser, es fehlt der Regen und dann die Folgen der Erderwärmung. So hat der sinkende Oberwasserabfluss der Elbe ein gewaltiges Problem der HPA beschert. Um den Hafen schiffbar zu halten, muss dieser bereits jetzt jedes Jahr für rund 100 Millionen dieser ausgebaggert werden. Aus Not wird Schlick bei der kleinen Elbinsel Neßsand verklappt, der kehrt sehr schnell gespült wieder in den Hamburger Hafen zurück. Bis März 2021 benötigt man ein neue Ablagerungsstelle für den Schlick. Die HPA würde den Schlick gern in der Nordsee bei den Inseln Scharhörn und Neuwerk verklappen. Diese Ablagerungsflächen grenzen direkt an den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer, von der Unesco wegen der ökologischen Bedeutung zum Weltnaturerbe erklärt. Wird bis zum März 211 keine Lösung für das Hamburger Schlickproblem gefunden, dann wird eine weitere Elbvertiefung schlicht zwecklos, so die HPA.

Olaf Scholz Ex- Bürgermeister von Hamburg, derzeit Vizekanzler und Finanzminister der Regierung Merkel, seit August 2020 der Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl, wurde am 14. Juni 1958 in Osnabrück geboren. Nun holt ihn seine politische Laufbahn in Hamburg wieder ein. Es sind das die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank Warburg. Das Hamburger Finanzamt hätte seit 2016 von der Hamburger Privatbank M.M.Warburg & CO 47 Millionen Euro zurückfordern können, die die Bank durch illegales Dividendenstripping (Cum-Ex), dem größten Steuerskandal der deutschen Geschichte, erhalten hatte, ließ diese Millionenforderung aber verjähren. Der damalige Hamburger Bürgermeister Scholz und weitere Hamburger SPD-Politiker stehen in der Kritik, beim „Cum-Ex-Steuerraub“ mit der Privatbank Vetternwirtschaft betrieben zu haben. Ein Banker habe Kontakte zur SPD genutzt. Während der Ermittlungen wegen schwerer Steuerhinterziehung berichteten der NDR und die Wochenzeitung »Die Zeit« 2020, dass sich Scholz in seiner Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs dreimal mit dem Mitinhaber der Warburg Bank, Christian Olearius, in der Sache getroffen hatte. Zwei dieser Treffen hatte Scholz verschwiegen. Da Olearius die Steuerrückzahlung verweigerte, verwies ihn Scholz nach diesen Gesprächen zwecks Vorzugsbehandlung an den Finanzsenator der Stadt Hamburg, dem Olearius sein Argumentationspapier zum Thema Cum-Ex kommentarlos aushändigen sollte. Das Papier gelangte zur Hamburger Steuerverwaltung, und kurz danach erhielt M.M. Warburg den Bescheid, dass die Stadt Hamburg auf die Rückzahlung der ihr zustehenden 47 Millionen Euro verzichtet. Scholz behauptete im Nachgang, sich nicht mehr an diesbezügliche Gesprächsinhalte erinnern zu können. In den Sog von Cum-Ex ist auch derzeitige Erste Bürgermeister der Stadt, Dr. Peter Tschentscher, geraten. In der Amtszeit von Scholz war Tschentscher Finanzsenator von Hamburg.

Kurz vor der Bürgerschaftswahl berichteten im Februar 2020 das Fernsehmagazin »Panorama« und die Wochenzeitung »Die Zeit«, dass die Hamburger Finanzbehörde 2016 während Tschentschers Amtszeit als Finanzsenator im Senat Scholz darauf verzichtet hätten, unrechtmäßige Steuererstattungen in Höhe von 47 Millionen Euro wegen Cum-Ex-Geschäften von der Privatbank M.M.Warburg & CO zurückzufordern. Weiterhin wurde berichtet, dass die Senatskanzlei im November 2019, nach Tschentschers Amtsübernahme als Bürgermeister, Gespräche zwischen der Bank und Ex-Bürgermeister Olaf Scholz bestritten hätte. Die zitierte Antwort „Nein“ des Senats bezog sich jedoch nur auf die Frage, ob Gespräche im Zusammenhang mit dem Steuerverfahren um die Cum-Ex-Affäre geführt worden seien. Nachdem Scholz im Februar 2020 ein Treffen mit dem damaligen Warburg-Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Olearius eingeräumt hatte und eine Spende der Bank an den SPD-Kreisverband Hamburg-Mitte bekannt geworden war, stellte Tschentscher dar, dass die Steuererstattungen bei den Gesprächen kein Thema gewesen wären Scholz und Tschentscher erklärten jeweils, dass es zu keinem Zeitpunkt politischen Einfluss auf den Fall gegeben habe. Laut »Panorama« widersprächen die Tagebuchaufzeichnungen von Olearius jedoch dieser Darstellung. Im Zuge der Debatte wurde daraufhin der entsprechende Tagebuch-Auszug veröffentlicht, in dem Olearius schrieb, dass er selbst über das Thema berichtete und zu der Einschätzung kam, Olaf Scholz' „zurückhaltendes Verhalten so auslegen zu können, dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen.“ Auch der Leiter der Hamburger Steuerverwaltung widersprach dem Vorwurf jeglicher politischen Einflussnahme. Im Nachgang der Wahl sahen sich »Panorama« und »Die Zeit« dem Vorwurf ausgesetzt, tendenziös und nicht sorgfältig berichtet zu haben. Endgültige Klärung wird wohl erst ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft bringen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz steht auch im Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard in der Kritik. Mit fast zwei Milliarden Euro ist Wirecard in die Insolvenz gegangen. In diesem Fall soll es auch zu schweren Verfehlungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gekommen sein. Diese führte eine unzureichende Aufsicht über Wirecard aus, obwohl es Hinweise auf fehlende Gelder gab. Scholz ist als Bundesfinanzminister für die Kontrolle der BaFin zuständig. Auch die EU-Wertpapier- und Marktaufsicht ESMA ermittelt gegen die deutsche Aufsicht wegen schwerer Verstöße gegen EU-Recht. Anders als Cum-Ex in Hamburg ist bei Wirecard noch alles in der Schwebe.
khw


Elbe mit viel Schlick


Schlicksauger auf der Elbe


Einlaufendes Containerschiff


Segelboote im Hamburger Hafen


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