15.10.2018
Katalanische Tragödie Teil 4


Unter dem Kürzel »1-O« fand am 1. Oktober 2017 in Katalonien das Unabhängigkeitsreferendum statt. Ein Jahr danach gibt es in Madrid und Barcelona neue Regierungen. Die Katalanen wollen derweil weiter unabhängig von Spanien werden.

Mit verschiedenen Aktionen erinnerten Demonstranten an die Abstimmung vor einem Jahr: In Girona blockierten sie stundenlang die Gleise des Hochgeschwindigkeitszuges AVE. In Barcelona waren mehrere Hauptverkehrsadern gesperrt, auf zwei Autobahnen in Katalonien behinderten aufgetürmte Reifen eine Weiterfahrt. Im Regionalparlament von Girona ersetzten Demonstranten die spanische Nationalflagge gegen die katalanische Fahne.

Kataloniens Ex-Regionalpräsiedent Carles Puigdemont verurteilte die Vorfälle. Über die Demonstranten sagte er: »Die Kapuzen tragen und Gewalt anwenden, die sind nicht für 1-O.« Auch Oriol Junqueras von der Esquerra Republicana de Catalunya (ERC), seit über acht Monaten in Haft, verkündete aus einer Madrider Haftanstalt eine pazifistische Botschaft: »Wir sind Menschen des Friedens, unsere Bewegung war immer friedlich. So lasst uns auch heute demonstrieren. Die 1-O hat uns 2017 gelehrt, dass Schlagstöcke und Schläge immer die schlechteste Lösung sind, das kann nicht unser Weg sein. Unsere Wunden sind noch offen.«

Der Campanile von Les Planes d´Hostoles trägt ein gelbes Band. Das Symbol für die Freiheit der politischen Gefangenen des «1-0 2017» weht auch auf dem höchsten Gebäude der Gemeinde von La Corrotxa. Überall gibt es Plakate, die die Freilassung der »politischen Gefangenen, der inhaftierten Unabhängigkeitsführer« fordern. In Les Planes, wie in anderen Orten in Katalonien wurde das Referendum von der Ortskirche unterstützt. Es waren dutzende christliche Gemeinden und über dreihundert Priester, die sich öffentlich 2017 für das Referendum einsetzten. Dabei auch katalanische Bischhöfe.

Am 1. Oktober 2018 demonstrierten nachmittags über 180.000 Katalanen in Barcelona für die Unabhängigkeit von Spanien. Die Demonstranten trugen die Wahlurnen von 2017 in einem Meer von katalanischen Fahnen und Transparenten. Die Sprecherin der PSOE-Regierung in Madrid, Isabel Celaá, warf dem katalanische Regionalpräsidenten Quim Torra in der Nachrichtensendung des Staatlichen Fernsenders TVE 1 vor, dass er zur Gewalt aufgerufen habe. Am Vorabend des 1. Oktober 2018 hatte Torra ein neues Referendum gefordert und dabei den zivilen Ungehorsam verteidigt. Den 1. Oktober 2017 bezeichnete er »als Meilenstein für die Unabhängigkeit«. Es gelte jetzt, »den Sieg zu festigen. Was wir bisher getan haben, muss einen Sinn ergeben. Wenn uns jetzt die Angst überkommt, sind wir nicht in der Lage erneut den Geist von 1-0 wiederzuerlangen, um die katalanische Republik zu erhalten.«
khw