01.09.2018
Hamburger Korrespondenz im September 2018


Das Hamburger CDU-Führungsduo Roland Heintze (Parteivorsitzender in Hamburg) und André Trepoll (Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft) haben im Alleingang, da sie für sich keine Chance bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2020 als Spitzenkandidat sehen, Aygül Özkan als Spitzenkandidatin auserkoren. Innerhalb der christlichen Partei wird der Vorschlag nur von wenigen kritisiert. Nach außen ist die CDU-Botschaft der Verkündung der Spitzenkandidatin fatal. Verwundert blickten die meisten Hamburger CDU-Mitglieder am 19. August, einem Sonntagnachmittag auf ihr Mobiltelefon, als sie eine Nachricht von Heintze und Trepoll mit dem Betreff «Spitzenkandidatur» erhielten. Das Führungsduo der Hamburger CDU gab Kenntnis, dass sie mit der ehemaligen Sozialministerin in Niedersachsen Aygül Özkan als Spitzenkandidatin in den Bürgerschaftswahlkampf 2020 ziehen werde. Es ist schon lange Praxis hierzulande, das Entscheidungen für einen Spitzenkandidaten im Hinterzimmer, fernab aller Gremien und Mitglieder gekürt wird. Diese Heimlichtuerei hat kein CDU-Mitglied gestört.
«Seit wir wussten, mit wem wir es zu tun haben», so Heintze und Trepoll am Tag der Verkündung ihrer Entscheidung, «haben wir uns auf Özkan als Spitzenkandidatin festgelegt.» Es geht um den Nachfolger von Olaf Scholz im Bürgermeisteramt Dr. Peter Tschentscher - beide SPD. Das CDU-Führungsduo will dem neuen Amtsinhaber eine «möglichst dynamische Frau» entgegensetzen. Nach dem Wahldebakel der Christdemokarten mit 15,9 Prozent 2015 soll die Spitzenkandidatin die Wende in der Hansestadt schaffen. Nur die 46-Jährige Aygül Özkan, was Heintze und Trepoll bei ihrer Verkündung des Namens seit Tagen wussten, ist schwer erkrankt. Nun steht in der Hamburger CDU das Hoffen auf eine schnelle Genesung im Vordergrund, statt die Kritik an der heimlichen Inthronisierung.

Derzeit schmieden hierzulande Werften neue Allianzen, um den Auftrag für den Bau eines neuen Mehrzweckkampfschiffs in Deutschland zu erhalten. Der Typ MKS 180 ist das aktuell wohl ehrgeizigste Rüstungsprojekt von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Gut vier Milliarden Euro sind für den Großauftrag der Bundeswehr geplant. Im Rennen um den Zuschlag für den milliardenschweren Auftrag zum Bau des Kriegsschiffs für die Bundesmarine wollen die Werft German Naval Yards (GNYK) und die Thyssen-Krupp-Tochtergesellschaft TKMS gemeinsam antreten. Damit bleibe die aus der früheren HDW-Werft in Kiel hervorgegangene German Naval Yards «der einzig verbliebene deutsche Generalunternehmer in dem europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb», teilte die Werft in Kiel mit. Durch die Kooperation gebe es eine Wertschöpfung für Deutschland von nahezu 100 Prozent, sagte GNYK-Geschäftsführer Jörg Herwig. Die Thyssen-Krupp-Tochtergesellschaft, die sich vorher vergeblich mit der Bremer Lürssen-Werft um den Großauftrag bemüht hatte, soll vor allem das Knowhow seiner Ingenieure einbringen und einen erheblichen Teil der Entwicklungs- und Konstruktionsleistungen übernehmen. Im Rennen ist außerdem die niederländische Damen-Werft. Wie es derzeit heißt, wird sie den Löwenanteil der Bauarbeiten auf der Hamburger Werft Blohm + Voss als Subunternehmer ausführen lassen.

Das Mehrzweckkampfschiff ist eines der größten Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Zurzeit läuft die Ausschreibung für die Entwicklung und den Bau von vier Fregatten mit der Option auf zwei weitere Schiffe. Die ersten vier MKS 180 sollten nach früherer Planung mit rund 4,5 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Die Fregatten sollen in der Lage sein, Ziele in der Luft sowie über und unter Wasser zu bekämpfen und Einsätze von Soldaten an Land zu koordinieren. Die europaweite Ausschreibung läuft noch bis Ende des Jahres. Eine Entscheidung, die anfangs noch vor der Bundestagswahl 2017 angestrebt war, wird mittlerweile nicht mehr vor dem ersten Quartal 2019 erwartet. Das Rüstungsprojekt ist auch ein Politikum. Die Hamburger Werft Blohm + Voss hat mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten und Haushaltspolitiker Johannes Kahrs - aus Hamburg - in der großen Koalition in Berlin einen einflussreichen Vertreter ihrer Interessen an ihrer Seite. Wir werden sehen wie die Entscheidung ausfällt. Mit dem Zuschlag für das Milliardenprojekt wird auch die industriepolitische Frage entschieden, ob das Knowhow und die Wertschöpfung für den Kriegsschiffbau in Deutschland verbleiben.

Die Deutsche Bahn musste am 22. August eine juristische Niederlage hinnehmen: Der neue Fernbahnhof in Diebsteich kann vorerst nicht gebaut werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht in Hamburg entschieden. Von dieser Entscheidung ist auch eines der größten Städtebauprojekte in Hamburg betroffen. Auf den nicht mehr genutzten Gleisflächen des Bahnhofs Altona sollten hunderte von neuen Wohnungen gebaut werden.

Gegen die Verlegung des Bahnhofs Altona durch einen Neubau nach Diebsteich war auch die Initiative «Prellbock Altona», die mit der Losung «Unser Bahnhof bleibt, wo er ist» kämpft. Die Bauarbeiten im Bereich für den neuen Fernbahnhof Altona im Bereich der S-Bahnstation Diebsteich sollten in diesem Jahr beginnen. Den Architekturwettbewerb hatte im Juni 2018 das dänische Architektenbüro C. F. Møller per Ausschreibung für den neuen gewonnen.

Geklagt hatte der Verkehrsclub Deutschland und ihr Eilantrag hatte Erfolg. Es geht dabei um eine Nebensächlichkeit, um eine Verladestation für Autos, die auf Autozügen in den Süden über Nacht transportiert werden. An dem neuen in Diebsteich geplanten Fernbahnhof gibt es, so das Oberverwaltungsgericht, keinen gleichwertigen Ersatz. Ohne Kenntnis des zukünftigen Standorts einer neuen Verladeeinrichtung für Autoreisezüge kann das Vorhaben nicht abschließend bewertet werden. Das Gericht ist der Auffassung, dass der Betrieb der bestehenden Verladeeinrichtung erst dann aufgegeben werden darf, wenn die neue in Diebsteich errichtet ist.

Die Entscheidung - eine juristische Niederlage für die Deutsche Bahn - bedeutet, dass der für September 2018 vorgesehene Baubeginn auf unbestimmte Zeit verschoben ist. Ein Einspruch gegen die Eilentscheidung ist nicht möglich. Dabei sollte bereits Ende 2023 der Bahnhof Diebsteich, ein 360-Millionen-Euro-Vorhaben, in Betrieb gehen. Erstaunt ist der parteilose Wirtschaftssenator Frank Horch, dass eine Verladestation den Baubeginn verhindert. Prellbock-Sprecher Michael Jung im Radio:«Wir haben einen Etappensieg erreicht. Nun geht es darum, weiterzuarbeiten, damit die Politik in Hamburg - SPD und Grüne - endlich mal reagiert.» Auch die CDU-Fraktion macht dafür die Deutsche Bahn und den Senat für die mangelhafte Planung verantwortlich. Die Linke in der Bürgerschaft bezeichnet die Gerichtsentscheidung als Quittung für Ignoranz.
khw

CDU möchte 2020 den Ersten Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher aus dem Amt kegeln


Fregatte bei Blohm + Voss


Im Bahnhof Altona


Bahnhof Altona - Auf dem Bahnsteig