01.06.2018
Hamburger Korrespondenz im Juni 2018


Am 31. Mai kommt in Hamburg das erste Diesel-Fahrverbot in der Bundesrepublik, in der Hansestadt beschränkt auf zwei Straßen, das sind noch nicht einmal 2 Kilometer. Wegen hoher Stickstoffbelastung werden Straßenabschnitte der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße – beide im Stadtteil Altona – für Dieselfahrzeuge bis Euro V gesperrt.

Vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) waren bis zum Jahresanfang 2018 insgesamt 264406 Diesel-PKW in Hamburg zugelassen. Davon erfüllten 96357 Fahrzeuge die sauberste Euro-6-Norm, 80803 Euro-5-Norm. Der Rest der Fahrzeuge hat nur die Euro-4-Norm oder noch schlechter. Was ist mit den Hamburg-Besuchern und den LKWs?

Der Entscheid des Rot-Grünen Senats wird von verschiedenen Seiten heftig kritisiert. Die Umweltschutzorganisation BUND sieht die Fahrverbote als ein «gutes Signal, es ist aber nicht zielführend». Der BUND fordert stattdessen flächendeckende Fahrverbote in der Stadt. Anders der ADAC, die Lobby für «freie Fahrt». Der Autoclub hat seine Heimat in München, lehnt Fahrverbote generell ab. Die Autofahrer werden für die Fehler der Industrie und die Versäumnisse der Politik zur Verantwortung gezogen. Die Bundesregierung will das Hamburger Fahrverbot auch nicht als Vorzeigebeispiel für Luftreinhaltung verstanden wissen. Auch nach der schriftlichen Ausfertigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig will sie Fahrverbote vermeiden, setzt auf andere Maßnahmen, um die Luft zu verbessen. Nur um was es da geht, ist bis dato noch nicht bekannt. Der CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zum Thema: «…dass wir im Verkehr schon bis zu 70 Prozent gesenkt haben.» Der Verkehrsminister weiter: «Wir müssen das Problem an den Wurzeln angreifen. Generelle Fahrverbote sind keine akzeptable Lösung». Frage - wann kommt das Verbot der Heizölkocher?

Es stinkt nicht nur auf Hamburgs Straßen, ebenso der Wasserweg «Elbe», von der Nordsee bis zu Hafen. Mit ihren stinkenden Schwerölrauchfahnen laufen Tag für Tag die Container- und Kreuzfahrtschiffe in den Hafen ein und aus. Und die Armada der Kreuzfahrschiffe – man gönnt sich einen Seeurlaub - nimmt von Jahr zu Jahr zu. Auch überall im Hamburger Prestige Bauprojekt HafenCity ist der Gestank der Urlaubsschiffe zu riechen. Erst im Jahr 2050 sollen die Schiffe «ohne Schwerölgeruch» Hamburg anlaufen. Bis dahin wird es auch an Hamburgs Nobelstraße Elbchaussee nach Schweröl stinken.

Der S-Bahnhof Hamburg Diebsteich ist klein, grau und ein bisschen schmuddelig. Dieser Bahnhof soll zum wichtigsten Verkehrsknotenpunkte der Stadt werden. Die Stadt Hamburg und die Deutsche Bahn wollen Diebsteich zu einem Fernbahnhof ausbauen, nur ihre Pläne stoßen in dem Wohnviertel auf Widerstand. Auch beschäftigt das bereits die EU-Kommission.

Der Grund für den geplanten Neubau sind die Schwierigkeiten am 2 Kilometer südlich gelegenen Bahnhof Altona, einem Kopfbahnhof, der als technisch veraltet gilt. Hier sollen in Zukunft nur noch S-Bahnen und Busse halten. Die Regionalbahnen, IC- und ICE-Züge sollen komplett zum neuen Bahnhof Diebsteich wechseln. Bis 2024 soll hier ein moderner Bahnhof mit sechs Fernbahn- und zwei S-Bahn-Gleisen entstehen. Mit dem neuen Bahnhof soll auch der chronisch überlastete Hauptbahnhof Hamburgs entlasten werden. Die Hansestadt trommelt bereits seit Jahren für das rund 360 Millionen Euro teure Bahnhofsprojekt. Seit langem warnen Kritiker bereits vor einem zweiten «Stuttgart 21». Der Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock Michael Jung: «Dieser Bahnhof ist sinnlos, ineffizient und eine riesige Verschwendung von Steuergeldern». Die Bürgerinitiative wie die Linkspartei und der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) befürchten, dass während der Bauphase im gesamten Hamburger Westen ein Verkehrschaos ausbricht. Zudem werde der angrenzende Stadtteil Bahrenfeld sein Gesicht verändern, denn der neue Bahnhof werde die Mieten nach oben treiben. Noch weit schwerer wiegen aus ihrer Sicht die verkehrspolitischen Nachteile. Zwar spricht die DB fortan, dass sie Betriebskosten spart, für viele Fahrgäste ist der neue Standort schlechter zu erreichen. Der VCD warnt vor dem Fernbahnhof Diebsteich, zieht mit einer Klage vor das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Dort liegen bereits drei Klagen. Außerdem läuft ein Eilverfahren, das den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses stoppen soll. Die Projektgegner sehen großen Zeitdruck, weil die Bahn schon mit vorbereitenden Bauarbeiten begonnen hat. Für Aufregung sorgt auch das Baukonzept, das aus zwei Hochhäuser und der Eingangshalle zum Bahnhof besteht. Ende September 2017 bekamen ein Gemeinschaftsunternehmen der Haspa PEB, das zur Hamburger Sparkasse gehört, und des Immobilieninvestors Procom den Zuschlag. Dieses Joint-Venture namens Proha Altona GmbH & Co. KG war allerdings erst im Sommer 2017 gegründet worden, worin die Projektgegner eine Unregelmäßigkeit sehen. Ein Hamburger Bürger hat Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht und fragt, wie es sein kann, dass ein Unternehmen, das zu Beginn der Ausschreibung noch gar nicht existierte, den Zuschlag bekommt. Diese Beschwerde wird nun geprüft, was bis zu einem Jahr dauern kann. Die Hansestadt sieht sich auf der sicheren Seite. Bisher sind drei Projekte aus dem Architekturwettbewerb vor einigen Tagen ausgewählt worden. Darunter ist auch die Idee eines dänischen Architekturbüros. Wir werden sehen, was in neuer Architektur nach Diebsteich kommt.

Überraschend kam Ende Mai die Nachricht aus der Kulturbehörde, dass Hamburg seine Theater und Museen mit 300 Millionen Euro sanieren will. Nur nicht 2018, sondern erst in dem kommenden 15 Jahren. Eine lobenswerte Absicht – es sind 23 Institutionen – von der Staatsoper, der Kunsthalle, die Theater der Stadt bis zum Museumdorf in Volksdorf. Mit der Sanierung ist die städtische Sprinkenhof GmbH beauftragt. Ab 2133 wird es bei der Kultur – jedenfalls sichtbar - funkeln.
khw




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Max-Brauer-Aller



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