01.12.2017
Hamburger Korrespondenz im Dezember 2017


In dem Nachruf auf den Hamburger CDU-Politiker Gunnar Uldall, er verstarb 76jährig am 14. November in der Hansestadt heißt, es im «Der Spiegel»: Ein kluger und streitbarer Geist, der den Wirtschaftsstandort Hamburg maßgeblich mitgestaltet hat – so der parteilose Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch, seit 23. März 2011 im Amt. Gunnar Uldall war von 2001 bis 2008 der Hamburger Wirtschaftssenator. Der CDU-Mann verkaufte die Hamburger Krankenhäuser, dass gegen den Willen der Hamburger Bevölkerung, an den Asklepios Krankenhauskonzern für 300 Millionen Euro, die erst zahlbar sind, wenn die Krankenhäuser schwarze Zahlen schreiben. Bis heute sind die Zahlen rot. Auch hatte Uldall seine Finger mit im Spiel bei der Gründung der HSH Nordbank der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein.

Seit Monaten schwebt über Hamburg und Schleswig-Holstein das Thema Verkauf der HSH Nordbank. Nach EU-Auflagen muss das Geldinstitut bis 2018 einen neuen Eigentümer haben. Es soll eine geordnete Abwicklung werden. Hamburg und Schleswig-Holstein hatten dafür eine Garantie von 10 Millionen Euro gegeben. Diese Summe scheint sich in nichts aufzulösen. Die HSH Nordbank war großzügig mit ihrem Schuldenerlass – allein der Hamburger Reeder Kortüm bekam 547 Millionen Euro seiner Schulden als Bankgeschenk erlassen. So konnte er gleich sich gleich ein neues Spielzeug kaufen, die Yacht «ALITHA» für 8,7 Millionen Euro. Ein Schnäppchen so Bernd Kortüm. Auch weitere Reeder bekamen von der HSH Nordbank grosszügig Euros geschenkt.

In diesen Wochen geht es den Verkauf der Bank. Bankinstitute haben keine Angebote abgegeben – es konkurrieren mehre Hedgefonds um die Ausschlachtung der verbliebenden werthaltigen Substanz. Im Rennen sind um die HSH Nordbank die Hedgefonds FLOWERS, APOLLO, CERBERUS und LONE STAR. Damit die HSH Nordbank auch gekauft wird, muss das Institut mit Euros hübsch gemacht werden. Derzeit rechnet man mit 22 Milliarden Euro aus dem Steuersäckel von Hamburg und Schleswig-Holstein. Vielleicht werden es auch ein paar Milliarden mehr.

Auch die Justiz hierzulande ist nicht ein Garant für Rechtstaatlichkeit. Unter mysteriösen Umständen starb am 7. Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle der Asylbewerber Oury Jalloh aus dem westafrikanischen Sierra Leone. Eine Polizeistreife hatte den Mann in Dessau festgenommen, da ein paar Afrikaner Frauen belästig haben sollten. Der Asylbewerber hatte keine Papiere und beschimpfte die Polizisten, die ihn mit auf die Wache nahmen. In einem Gutachten wurde später festgestellt, dass der 21Jährige mehr als zwei Promille Alkohol im Blut hatte, dazu wurden Spuren von Cannabis und Kokain gefunden. Jalloh wurde in eine Zelle gesperrt und an das Bett gefesselt. Alle 30 Minuten kam ein Polizist vorbei, um nach dem Häftling zu sehen. Der Dienststellenleiter kontrollierte über eine Gegensprechanlage, stellte diese aber leise. Eine Kollegin stellt sie wieder lauter. Als der Feueralarm ansprang, stellte der Dienststellenleiter, weil er einen Defekt vermute, wieder leiser. Der Häftling Oury Jalloh war bereits tot, als die Feuerwehr eintraf. Nach Angaben der Dessauer Polizei hatte er die Matratze, auf der erlag, mit einem Feuerzeug angezündet. Bis heut ist unklar, wie das Feuerzeug in die Zelle kam. Bei der ersten Untersuchung wurde auch kein Feuerzeug gefunden, nachträglich gelangte es auf die Asservatenliste. Sachverständige konnten darauf weder DNA- noch Faserreste von Jalloh finden. Auch die Videobänder von der Durchsuchung der Zelle sind verschwunden. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft verschwiegen, das Jalloh in seiner Zelle fixiert worden war. Nur über Nachforschungen der Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt in Dessau wurde diese Information öffentlich. Groß war die Aufregung als bekannt wurde, dass das Magdeburger Landgericht gegen das Verfahren gegen Andreas S. «unter Berücksichtigung des Standes der Beweisaufnahme und der Verfahrensdauer» gegen eine Geldauflage eingestellt wurde. Trotzdem wurde ein Polizist im Dezember 2012 zu einer Geldstrafe von 10.800 EURO verurteilt, auch schuldig gesprochen der fahrlässigen Tötung. Heute geht es um die Wiederaufnahme des Verfahrens – da nicht auszuschließen ist, dass aus rassistischen Gründe Rache geübt wurde.

In Hamburg wurde nach dem G-20 vom Rathaus die Parole nach harten Urteilen verkündet. Als Symbol eines unverhältnismäßig harten Umgangs mit Anti-G-20-Prostestlern gilt heute der inzwischen 19.Jährige Fabio V. aus Italien. Seit 4 Monaten ist er in Haft im Jugendvollzug Hahnöversand. Die Haftprüfungstermine seiner Anwältin Gabriele Heinecke fanden vor der Kammer kein Gehör. Nun teilte das Hanseatische Oberlandesgericht (HOLG) teilte am 24. November 2017 mit, dass für die Beendigung der Inhaftierung von Fabio V.: «10.000 EURO im Namen des Angeklagten hinterlegt werden» müssen. Gefordert wird vom HOLG eine in Hamburg melderechtlich registrierte Person als «Zustellbevollmächtigten» zu benennen. Somit hat der Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts die Beschwerde der Staatsanwältin gegen die mögliche Entlassung verworfen und das bestätigt. Die Verfolgung mit Dauerinhaftierung von nicht oder in nur geringem Umfang an den Ausschreitungen beteiligten Personen geht mit harten Schritten weiter, dabei wird ihm keine konkrete Straftat zur Last gelegt. Endlich am 27. November 2017 stimmte das Gericht der Kaution von 10.000 EURO zu. Auch w enn sich Fabio V. mehrmals in der Woche auf einer Polizeiwache melden muss, ein wenig Freiheit hat er inzwischen wieder. AM 4. Dezember verhandelt das Gericht in seinem Fall – was wohl ein hausgemachter Fall der Hamburger Justiz ist- im Gericht an der Max-Brauer-Allee weiter.

Ähnliche Formen von Justizunrecht klagte bereits Kurt Tucholsky in der Weimarer Republik an. Hierzulande scheint «alles beim Alten» geblieben zu sein, auch wenn jetzt Fabian V. nach der Kaution nicht mehr ins Gefängnisquartier Hahnöversand muss.
khw

Vernebeltes Hamburg


Segelschiff Wilhelmine


Anleger Teufelsbrück


Nebel beim G20


Hoffnung nicht aufgeben -
Irgendwann geht die Sonne wieder auf